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[   Band 3 Brief 52:    Humboldt an Caroline    Berlin, 11. März 1809   ]


Gottesdienst feierlicher, eindringender machen, denkt auf Veränderung
der Liturgie usf. Daraus wird nun leicht Spielerei. Bringe ich
aber auf diese Weise einen ernsten Kunstsinn hinein, so entgehe ich
auch dieser Gefahr. Wo man etwas auf etwas Ernstliches in
Wissenschaft und Kunst zurückführen kann, ist immer alles gewonnen.
Du solltest nicht glauben, daß ich auch am Agamemnon noch
immer von Zeit zu Zeit arbeite. Wolf sieht ihn jetzt durch und
ich ändere noch immer. Aber in den Chören ist Wolf Deiner
Meinung. Er findet die alten besser. Du bist immer das klügste
Kind und willst es nur nicht glauben. Ach! und Du bist auch
das Hübscheste! Wenn ich Dich nur sehen könnte! Es wird ja
alles gut gehn. Mein Glück und mein Leben hängen daran und
die armen Kinder. Schone Dich um Gottes willen recht, liebe,
teure, einzige Seele!
Ich bin noch nicht in Tegel gewesen. Manchmal habe ich
doch ein Verlangen danach. Es ist doch Land, und dann knüpfen
sich manche Erinnerungen daran. Aber jetzt sieht noch alles hier
so traurig aus und dann werde ich hier doch Tegel nicht genießen
können. Es ist so schwierig und kostbar immer hinzukommen.
An Geld bringt jetzt Tegel nichts. Man muß noch immer für
den Krieg bezahlen. Meine ganze Besoldung bis zum März
schicke ich Dir, sobald ich sie habe, zu. Laß Dir nur nichts ab-
gehen, mein teures Wesen. Ich will schon machen, was möglich ist.
Jetzt ist eine Verordnung hier herausgekommen, die eine sehr un-
angenehme Sensation macht. Man soll nämlich entweder alles
Silber, Gold, Juwelen und Perlen, die man hat, bis auf den
letzten Teelöffel zur Münze einliefern und gegen Münzscheine, ein
neues Papier, das man aber bei Käufen von Domänen usf.
brauchen kann, verkaufen, oder sie behalten, stempeln lassen und
vom Lot eine Abgabe von sechs Groschen bezahlen. Das Edikt hat
den allerwidrigsten Eindruck gemacht, und das Publikum ist gestern

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