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[ Band 3 Brief 52: Humboldt an Caroline Berlin, 11. März 1809 ]
Unter den jungen Mädchen sind hier einige, die sich auszeichnen, und die Vaterlandsliebe ist wirklich bei allen sehr groß. Dabei ist mein »Rom« *) noch sehr an der Tagesordnung, und manche wissen es größtenteils auswendig. Ich werde mir vermutlich bald einen sehr schönen Namen durch die Musik machen. Die Musik, für die es doch hier ein sonst nirgend existierendes Institut, die Singakademie, gibt, war hier der Kunstakademie gar nicht einverleibt. Auch außerdem geschah gar nichts mehr, und seit der Abschaffung der Kapelle der Oper noch weniger als je für die Musik. Selbst die Chorschulen waren nach und nach eingegangen oder hatten sich entsetzlich verschlechtert. Wegen aller dieser Dinge habe ich mich an Zelter **) gewandt, der schon vor einigen Jahren einen wirklich trefflichen und sehr schönen Aufsatz über die Musik und den Nutzen, den sie auf die Bildung ausüben könnte, geschrieben hat. Von ihm lasse ich nun einen Plan zur Veredlung der Musik, zur Errichtung ordentlicher Schulen, zur Verbesserung der Kirchenmusik usf. machen, und werde gleich mein möglichstes tun, die Sache wenigstens im kleinen augen- blicklich auszuführen. Alle Musik, die man irgendwo hier macht, muß unter gehörige Aufsicht kommen, und wenn Du wieder her- kommst, liebe Seele, sollen selbst die Nachtwächterhörner melodisch klingen. Die Kirchenmusik ist dabei das Wichtigste, und auch in Absicht der Kirchen werde ich mich dadurch verherrlichen. So viel Langeweile mir auch die Musik gemacht hat, so bin ich doch wirklich recht ernsthaft und nicht aus Nebenabsichten eifrig für diesen Plan. Die Musik, das bleibt einmal unleugbar ist ein unendlich mächtiger Hebel der Empfindung, sie fängt an, wo das Wort aufhört, und wo sie endigt reicht selbst der Gedanke nicht hin. Sie ist groß und ——— *) Dichtung Humboldts aus der letzten römischen Zeit. **) Karl Friedrich Zelter, Komponist und Professor der Musik, Freund Goethes, geb. 1758, † 1832. 111