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[   Band 3 Brief 48:    Humboldt an Caroline    Berlin, 28. Februar 1809   ]


Da wären unstreitig einige in der Bataille geblieben. Man hat
sie daher jetzt zusammen sitzen zu lassen beschlossen. Ihre Sitze
sind eine Art Baracken in Arkaden. Nun hat das Unglück gewollt,
daß einen Morgen, das ist buchstäblich wahr, ein armer Schneider
melancholisch an diesen Bögen vorbeigegangen ist, und daß ihn
ein weit hervorstehender Nagel so sehr als eine schickliche Gelegenheit,
sein Unglück da zu enden, tentiert hat, daß er sich gerade in diese
Arkade hineingehängt hat. Die Elendigkeiten, die nun hiervon er-
zählt und wieder geklatscht werden, kannst Du Dir denken.
Darüber, wo ich und die Leute, die zum Hof gehören, den
König empfangen werden, ist noch nichts ausgemacht.
Theodor ist überaus vergnügt und es geht ihm nichts ab,
außer daß er sich doch wirklich auch sehr nach Dir sehnt, liebes,
teures Herz. Ach, wer täte das nicht! Mein Herz ist durchaus
zerrissen. Ich vermisse Dich so unendlich, und doch weiß ich Dich
wieder so unendlich gern in Italien. Es ist, als wäre mein eigenes
besseres Selbst noch in Dir da. Wir wollen geduldig ausharren.
Nun, da ich einmal von Dir und hier bin, möchte ich etwas zu-
stande bringen; und ich bin darum so tätig, als ich kann. Nur
fürchte für meine Gesundheit nichts. Ich selbst brauche wenig
mechanisch zu arbeiten. Ich habe, jetzt besonders, da ich allein bin,
das ganze Departement zu meinem Dienst, und Denken und Lesen
greift nicht an. Anfangs, als ich hierher kam, ging ich meistenteils
sehr spät zu Bett, weil ich lange in Gesellschaft blieb. Grapengießer,
der Kohlrausch noch übertrifft und um 1/2 10 horizontal liegt,
pflegte immer zu sagen, ich käme zu Hause, wenn er aufstände.
Aber jetzt, wo mehr zu tun ist, gehe ich früh zu Bett und stehe
früh auf. Ich wache wieder, wie sonst, auf die Minute auf, denke
nur noch einen Augenblick, wie Du noch süß schläfst, und stehe
auf und wecke den Bedienten.
Jetzt muß ich schließen, liebe Li. Sei nicht zu trüb nach

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