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[ Band 3 Brief 48: Humboldt an Caroline Berlin, 28. Februar 1809 ]
Backenbart herum, und ist so verrufen, daß nicht daran zu denken ist. Überhaupt ist’s mit den jungen Leuten ein Jammer. Ich habe erst einen hier gefunden, der mir gefällt, ein Herr v. Marwitz *), und auch der hat etwas Leutescheues und Sonderbares. Ich habe Dir, glaube ich, neulich nicht geschrieben, daß unser guter Kohlrausch mir deutlich zu verstehen gibt, es sei ihm leid, daß ich nicht auf ihn als meinen Stellvertreter in Rom gedacht habe. Wie man sich so gar nicht kennen kann! An sich schon taugt er nicht zu Geschäften, hatte da so vieles gegen sich, und ist so ein guter, trefflicher Arzt. Nicht zu fühlen, daß das das Bessere ist, und damit ganz und gar, wenn man nicht lächerlich vor den Leuten werden wollte, unver- träglich und unvereinbar war. Über die Ankunft des Königs ist man noch nicht im Reinen. Indes scheint es, sie werde dennoch in ganz kurzer Zeit erfolgen. Die Königin ist krank gewesen, und die Weichsel soll nie so weit über ihre Ufer getreten sein. An diesen Hindernissen hat die An- kunft bis jetzt gelegen. Hier macht man ganz lächerliche Anstalten, den König zu empfangen. Der Magistrat hat 4000 Taler her- gegeben, um, Gott weiß was, vor dem Bernauer Tor und innerhalb zu bauen. Der Magistrat will den König auf einer Art Gerüst empfangen und haranguieren, in der Stadt dann sollen Kinder (es haben sich schon 3800 einschreiben lassen) wieder auf Gerüsten stehen und singen. Anfangs wollte man alle Knaben auf eine Seite, nämlich wo der König im Wagen sitzen wird, und alle Mädchen auf die andere stellen. Da man aber zweifelhaft war, ob der König rechts oder links sitzen würde, so sollten auf ein von weitem gegebenes Zeichen alle Kinder, als spielten sie: »Büchsen rührt euch!« von den Gerüsten herunterstürzen und Plätze wechseln. ——— *) Alexander v. d. Marwitz aus dem Hause Friedersdorf, geb. 1787, ausgezeichnet durch Charakter und Seelenadel, aber auch reizbar und jäh- zornig, eng mit der Rahel befreundet. Fiel 1814 bei Montmirail. 102