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[ Band 3 Brief 45: Humboldt an Caroline Berlin, 18. Februar 1809 ]
So geht doch nichts verloren. Davon habe ich noch neulich ein anderes Beispiel. Die Franzosen, oder auch Deutsche (denn manches haben sehr friedliche Hände gestohlen) bei der Plünderung von Tegel, haben Kasten aufgeschlagen, in denen Manuskripte von mir lagen, und bis über die Mühle hinaus hat man meine Gelehrsamkeit ge- funden. Einige sind nun nachher gerettet und Alexandern gebracht worden. Der hat aber wieder darüber disponiert, und so erzählte mir neulich Ancillon *), daß er mein Journal über meinen Pariser Aufenthalt hat, das ich alle abend bloß für mich, ohne, daß es jemand sehen sollte, schrieb, und in dem viele Anekdoten über die Staël und andere stehen müssen. Es ist eine große Liberalität, so etwas wegzugeben. Seit der gestrigen Hamburger Zeitung, worin gesagt ist, daß sich alle Kontingente des Rheinbundes zusammenziehn, hält man die Gefahr sehr dringend, daß ein neuer Kontinentalkrieg ausbrechen wird. Preußen bleibt natürlich neutral. Bis jetzt glaubt man all- gemein, der Hof würde bald, vielleicht in nächster Woche her- kommen, wäre es nicht und müßte ich nach Königsberg gehn, so ist Theodor in den besten Händen bei Laroche. Morgen gehe ich mit Laroches in die Kirche. Bisogna stringersi nelle spalle. **) Da Du Dich gern mokierst, liebes Herz, wird Dir Reineke Fuchs in der Einsiedlerkutte einfallen. Aber ich führe ein sehr unschuldiges und exemplarisches Leben, doch möchte ich der Reineke immer sein. Da ginge ich auch als Pilgrim nach Rom, und das täte ich recht gern, sollten auch einige Bären ein Stück Haut dabei einbüßen. Von Herzen Adieu! H. Es ist seit acht Tagen so warmer Sonnenschein, daß der Saft schon in die Bäume tritt. Doch ist das nur eine Promenade, ——— *) Der nachmalige Minister des Auswärtigen. **) Gleichbedeutend mit: man muß sich zusammennehmen. 95