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[ Band 3 Brief 34: Humboldt an Caroline Berlin, in der »Stadt Rom«, Berlin, 14. Januar 1809 ]
Stiefel zu geben, sie wollten sie schon ausziehen, und da er es getan, haben sie ihn sehr freundlich gehn lassen. Der größte Schaden ist am Wein geschehen, von dem auch nicht ein Tropfen übrig geblieben ist. Theodor habe ich noch morgen bei mir, führe ihn aber den Abend in seine Pension. Ich bin schon ein paarmal ein paar Stunden dort gewesen, habe auch ihn mit hingenommen und mich überzeugt, daß ich ihn für die körperliche Pflege und Aufsicht gewiß sicher dort hinbringen kann. Der Mann, der die Pension hält, heißt Plamann und wohnt im großen Schüler-Baudissinschen Hause zwischen der Jungfer- und Schleusenbrücke. Die Stuben, worin die Knaben schlafen, sind, sowie alles im Hause, ungemein reinlich, es schlafen immer vier oder auch nur drei mit einem Lehrer oder älteren Schüler zusammen; die Betten sind warm und gut und in allen Stuben stehen Öfen. Essen tun sie, es sind 15, mit Pla- mann und seiner Frau zusammen und ebenso frühstücken. Zum Frühstück kriegen sie Milch, beim Essen trinken sie Bier, das ist sehr schlimm, aber ich habe mich umsomehr ergeben müssen, als Kohlrausch ja meinte, es würde Theodor gesund sein, und Theodor hat eine solche Barbarennatur, daß, als ich mit ihm aus der An- stalt wegging, und ihn fragte, ob es ihm gefiele, er zwar sehr vor- sichtig: »vederemo,« antwortete, aber gleich hinzusetzte: »ricevono la birra, deve esser buono.« *) Spazieren werden sie alle Tage von 12—1 Uhr geführt, und Mittwochs und Sonnabends nach- mittags, wo sie frei haben, machen sie besondere Partien. Ohne Aufsicht sind sie keinen Augenblick. Die Küche sah sehr reinlich aus. Was mir ganz vorzüglich in der Anstalt gefällt, ist die Frau. Sie ist jung, nicht im mindesten schön, aber von so sanften, stillen, gutmütigen Zügen, daß sie Vertrauen einflößt, wie ——— *) »Wir werden sehen. Sie bekommen Bier. Es muß gut sein.« 71