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[   Band 3 Brief 29:    Humboldt an Caroline    Weimar, den 1. Januar 1809   ]


gesund bleibst, wenn der Frühling uns einen holden Knaben bringt,
der uns bleibt und uns glücklich macht, so will ich doch das Schicksal
segnen und ihm freudig danken.
Ich werde mit Klugheit handeln, wirken und nützen wo ich
kann, denn ist die Probe gemacht, daß ich nur einen Nutzen stifte,
der das Opfer einer Existenz, wie die unsere, nicht wert ist, so hält
mich auch niemand und nichts. Nur die Probe muß gemacht
werden, wäre es auch blos, weil die Leute nie so etwas ohne
Probe glauben. Wenn man den Gerüchten trauen darf, so geht
es sehr bunt bei uns zu, und ich werde auf einem sonderbaren
Theater auftreten. Bedeutende Talente stehen weder neben, noch
über mir, man wird ohne Not hervorragen können. Aber die
Unvorsichtigkeiten, die man begeht, sind so vielfach, die Wachsamkeit
der immer aufmerksamen Macht so groß, es ist so wenig, so scheint
es, festes und sicheres System, daß es schwer ist, an einen Bestand
dieser, schon durch den Krieg so zerrütteten Maschine zu glauben.
In Schlesien ist es wahren Unruhen nahe. Durch ein vor einiger
Zeit gegebenes Edikt *) sind die privilegierten Stände vieler Vorrechte
beraubt worden; die Bauern sollen in einem Jahre von hier frei
sein, daraus entsteht nun Haß und Neid, und die Bauern haben
von dieser Freiheit so seltsame Begriffe, daß sie in der Zwischenzeit
nicht zu bändigen sind. In solcher Lage muß man, und das werde
ich, Gutes wirken wo man kann, und dafür kein Opfer scheuen,
aber doch nur leicht den beweglichen Fuß aufsetzen und sich nicht
verhehlen, welches das wahrscheinliche Ende sein wird.
Aber ich weiß nicht, warum ich Dir gerade hiervon am Be-
ginn des Jahres spreche und Dir nicht lieber von Rudolstadt er-
zähle, wo ich wieder zwei Tage war. Die Fürstin war sehr dank-

———
*) Die am 9. Oktober 1807 durch Stein gegebene Verordnung ȟber den
erleichterten Besitz und den freien Gebrauch des Grundeigentums, sowie die
persönlichen Verhältnisse der Landbewohner betreffend«.

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