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[   Band 3 Brief 27:    Humboldt an Caroline    Weimar, den 28. Dezember 1808   ]


Neues, aber das Alte mehr und öffentlicher bestätigt und mir darum
gehässiger. Stell Dir nur vor, als ich gestern hier bei Hofe esse,
bringt mir der Herzog die Liste, von der ich Dir hier Abschrift
schicke, mit und fragt mich ob meine Ernennung *) wahr ist. Seitdem
weiß sie die ganze Stadt, und ich habe den Ekel, sie von allen
Ecken widerschallen zu hören. Ich leugne Dir nicht, liebe Li,
daß es mich sehr trüb macht. Kann man Gutes zu wirken hoffen
in dieser Lage? Opfert man nicht blos sich ohne reellen, viel
weniger ohne großen Nutzen? Alles das geht mir entsetzlich im
Kopf herum, und ich weiß noch nicht, ob ich nicht entschieden,
was auch daraus werden möge, nein sage. Aber ich fürchte
das Geschrei von Undankbarkeit, Mangel an Vaterlandsliebe,
Verlassen der Unglücklichen. Ich fürchte, man wird sagen, der
Posten, zu dem man mich rufe, sei welcher er wolle, so sei ja
damit nicht gesagt, daß ich sonst keinen Einfluß haben werde; es
sei der erste Schritt zu jedem anderen; wenn ich nicht annähme,
entziehe ich mich nicht blos diesem Geschäft, sondern aller Teil-
nahme an der jetzigen, in hohem Grade sorgenvollen Lage. Und
Wahrheit ist freilich unleugbar darin. Man tut im Leben oft
etwas anderes, als das, wozu man ursprünglich berufen war und
wirkt oft schon durch seine bloße Gegenwart. Ich werde also vor-
züglich meine Aufmerksamkeit darauf richten, ob man in der Tat
Vertrauen auf mich setzt, ob dem König, seiner Umgebung an
meinem Bleiben gelegen ist? Ist das, so nehme ich an, im ent-
gegengesetzten Fall reiße ich mich, sei es auch mit einiger Gewalt,
los. Was mir von Allem das Schmerzhafteste ist, das ist, liebe
Li, daß ich Dich selbst bitten muß, Deine Lage der meinigen nach-
zugeben und noch in Italien zu bleiben. Dies Frühjahr könntest

———
*) Die Kabinettsorder mit Humboldts Berufung hatte der König am
15. Dezember erlassen, die Entscheidung über die Annahme aber doch Hum-
boldts Neigung anheimgestellt.

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