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[   Band 3 Brief 23:    Caroline an Humboldt     Rom, 17. Dezember 1808   ]


Jemand hat recht hübsch gesagt, die Kälte sei hier spitzig, darum
so angreifend, in Deutschland sei sie rund.
Ach, wie begreife ich, meine teure Seele, Deine Sehnsucht
nach Rom. Ich glaube nicht, daß das Leben hier einen bloß
wunder und reizbarer stimmt, obgleich wir wohl genug dazu hier
erfahren haben. Ich glaube aber, weil man sich gewöhnt hat,
rein im Element des Schönen und Erhabenen-Wehmütigen hier zu
leben, so hat die Seele ihr eigenstes Leben hier genossen und alles
andere Fremdartige berührt sie rauh und hart.
Die Kinder sind, dem Himmel sei Dank, wohl. Mit dem
Deutschen geht es nicht so gut, als ich wünschte, weil mir im
Sprechen niemand beisteht. Lesen habe ich bloß mit Adelheid an-
gefangen, ich hoffte, die Kleine sollte von selbst nachkommen, aber
der Abscheu vor den barbarischen Tönen ist eigentlich gründlich.
Vorhin trat Gabrielle zu mir, und wie sie mich ihrer Meinung
nach so schnell deutsch schreiben sah, sagte sie sehr ungezwungen:
»come potrei fare tanto presto questi brutti versacci?« *)
Rauch läßt wissen, daß der Scheibenwerfer im Palast Massimi
für 2000 Zechinen zu haben ist und empfiehlt sich zu Gnaden.
Daß die ganze römische Welt Dich unaufhörlich grüßt, versteht sich
von selbst, ich würde nicht fertig werden, wenn ich Dir immer die
Namen nennen wollte.
Adieu Geliebtester.


24. Humboldt an Caroline               Erfurt, den 18. Dezember 1808

Ich habe vorgestern einen sehr glücklichen Tag gehabt. Ich
bekam Deinen Brief vom 26. und wurde auf einmal wenig-
stens aus meinen bängsten Besorgnissen gerissen. Du bist

———
*) »Wie kann man nur so schnell so garstige Verse schreiben.«

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