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[ Band 3 Brief 19: Humboldt an Caroline Erfurt, den 7. Dezember 1808 ]
sehr viele von jeher aufs rechtmäßigste verheiratete Damen um kein Haarbreit amüsanter sind, und andere folgen ihr. Goethe ist darum auch äußerst gut mit Carolinen und lobt sie über alle Maßen. Für Theodor hat die Geheimrätin wirklich zärtliche Sorgfalt gehabt. In Weimar war ich auch, und wirklich mit recht viel Freude zum erstenmal in Deutschland im Theater. Es war Schillers Tell. Das Spiel war nicht eigentlich vorzüglich, da kein recht ausgezeichnet großes Talent da ist. Aber der Tell wurde doch recht gut vor- gestellt; Schiller hat ihn noch dem Schauspieler einstudiert, und im ganzen sieht man, daß Goethe die Sache versteht. Da Talma *) und die übrigen französischen Akteurs hier in Erfurt und ein paar- mal auch in Weimar gespielt haben, so ist wieder im Publikum viel Gerede über den Vorzug von Deutschen und Franzosen ent- standen, und Du kannst denken, daß die letzteren viele auf ihrer Seite haben. Auch mein Aufsatz in den Propyläen ist bei dieser Gelegenheit wieder in Anregung gekommen und in einer Be- schreibung der berühmten Zusammenkunft neu abgedruckt worden. Von ganzer Seele Dein H. 20. Caroline an Humboldt Rom, den 10. Dezember 1808 Mein allerteuerstes Herz! Dein ein Brief vom 19. ist mir heute zugekommen und hat mich unaussprechlich durch seinen Inhalt und die freundlichen guten Nachrichten von Theodor ergötzt. Recht lebendig hat er mich auch in den Kreis der Bekannten nach Weimar hin versetzt, und mit Goethe bin ich recht einstimmig, daß die Deutschen im Auslande in einem größeren lustre sind als in Deutschland ——— *) Talma, geb. 1763, † 1826, war 1808 in Napoleons Umgebung mit in Erfurt. 41