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[ Band 3 Brief 15: Humboldt an Caroline Erfurt, den 26. November 1808 ]
andere Dinge. Aber wie viel Böses ich auch von Erfurt und von den Einrichtungen im Hause sagen mag, so kann ich doch nicht leugnen, daß ich viel lieber hier als wo anders bin, da ich einmal nicht in Rom sein kann jetzt. Alles erinnert mich ja auch an Dich, ich sitze auf dem alten Kanapee, Du hast den langweiligen Turm, der seitdem noch alle Stunden immer gleich regelmäßig schlägt, ja auch immer vor Augen gehabt, und mir ist er, wenn ich von Berlin zu Dir kam, sonst lieber als alle Türme der Erde gewesen. In Gotha bin ich für die Wahl eines Hofmeisters doch nicht so vergeblich gewesen, als in Weimar. Becker *), der Dich sehr grüßt, hat mir doch einige Namen angegeben. Der Herzog **) war wirklich sehr artig und freundschaftlich, doch war es auch sehr artig von uns, ihn gerade an seinem Ge- burtstag zu besuchen. Er wußte durch den Bruder, der wirklich sehr viel von uns geschrieben haben muß, daß ich die Musik nicht liebe, und da gerade Konzert war, hat er mich eine halbe Stunde, die ich dabei war, in eine andere Stube genommen und gesprochen. Sein Äußeres und sein Wesen, selbst sein Hofanzug, der doch ganz romanesk ist, mit einer breitgestickten Stalluniform, in die Augen hängenden Haaren, einem breiten antiken Schwert, auf dessen Scheide und Tragriemen Blitze gestickt sind, und einem wirklich immensen Federhut, sind schwer zu beschreiben. Genialisch ist er gewiß, und wenn man auch manchmal ungewiß werden mag, auf welche Seite das schwankt, so versichern doch die, die ihn kennen, und so hört man auch selbst, daß viel wunderbares Talent da ist. Bringe doch den Bruder ***) auf einen geschnittenen Stein, den der ——— *) Zacharias Becker, Carolines erster Lehrer. **) Herzog August von Sachsen-Gotha geb. 1772 † 1822. ***) Der Bruder des Herzogs verkehrte in Rom im Humboldtschen Hause. 31