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[   Band 3 Brief 6:    Humboldt an Caroline    München, den 4. November 1808   ]


man keine Freundschaft genießen kann. Ich gehe morgen früh hier
ab und denke am 11. in Erfurt zu sein. Nur sollen die Wege
von Bamberg aus fürchterlich sein.
Jacobis sind von der äußersten Liebenswürdigkeit. Eine junge
Brentano, Bettina *), 23 Jahre alt, Carl Laroches Niece, hat mich
hier in das größte Erstaunen versetzt. Solche Lebhaftigkeit, solche
Gedanken- und Körpersprünge (denn sie sitzt bald auf der Erde,
bald auf dem Ofen), so viel Geist und so viel Narrheit ist unerhört.
Das nach sechs Jahren in Italien zu sehen ist mehr als einzig. Sie
hat mir den Tod der Günderode **) erzählt. Man ist wie in einer
andern Welt. Ich schreibe Dir noch einmal ausführlich davon.
Heute kann ich nicht. Dies Zimmer ist voller Menschen, die alle
durcheinander reden.
Ich habe Dir geschrieben aus Bologna, zweimal aus Venedig
und zweimal aus München. Ach! wäre ich lieber bei Dir. Es
ist mir oft, als wenn ich’s nicht genug geschätzt hätte, was ich
nun so schmerzlich entbehre. Und doch habe ich’s wirklich emp-
funden; weißt Du es auch recht? Es ist doch in der Welt das
einzige wahrhaft Überbleibende das Gefühl, die Sicherheit, geliebt
zu sein. Ich habe Jacobi die Strophe, die ich mir von Deinem
Lied aufgeschrieben, gezeigt, ohne ihm zu sagen, von wem sie sei.
Er hat nicht davon wegkommen können, so schön und rührend hat
er sie gefunden. Laß Dich endlich erbitten und schicke mir das
Ganze, ich beschwöre Dich.
Schelling ***) hat den Agamemnon †) gelesen, liebt aber wie Du

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*) Bettina v. Arnim geb. Brentano, geb. 1785, † 1859.
**) Caroline v. Günderode, deutsche Dichterin, geb. 1730, ertränkte sich
im Rhein 1806.
***) Friedr. Wilh. Joh. v. Schelling, geb. 1775, † 1854, Philosoph, 1798
Professor in Jena, seit 1806 Generalsekretär der Akademie der bildenden
Künste in München.
†) Humboldts Übersetzung.

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