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[ Band 3 Brief 5: Humboldt an Caroline München, den 1. November 1808 ]
einmal unter ihnen in Deutschland hineingekommen bin, kannst Du Dir nicht vorstellen. Du kennst Jacobis Treiben mit einer Schar von Menschen und Büchern, und so sind schon die meisten alten und neuen Gestalten wie eine Galerie an mir vorübergegangen. Das Gespräch und die geistige Regsamkeit, obgleich sie mir lange nicht die alte mehr scheint, haben unleugbar etwas sehr Erhebendes und Schönbeschäftigendes. Aber es sind doch immer nur einzelne Punkte. Das Element, in dem man lebt, ist, wie Du besonders in dieser Gegend und Jahreszeit denken kannst, unangenehm, und wenn man es recht stoisch nimmt, gleichgültig. In Rom ist es immer, für mich wenigstens, als brauche man nicht besonderen Aufwand, um fruchtbar und reich gestimmt zu werden. Die Stimmung geht von selbst durch alle Sinne ein, aber führt vielleicht freilich auch minder zur Handlung und zu einzelnen Bestrebungen. Die Liebe, und man muß sagen der Enthusiasmus, mit dem der Kronprinz *) an Rom hängt, sind wirklich ordentlich rührend. Er findet hier alles schal und frostig, und als ich nach der gewöhn- lichen Weise, ihn auf den alten Trostgrund, der hier interessanteren Menschen bringen wollte, sagte er etwas sehr Hübsches. Jacobi nämlich fiel ein und meinte, Rom müsse erst schön sein, wenn man dort mit Deutschen lebte und sagte im Scherz, man müsse es noch, wie ehemals so oft, mit Deutschen erobern. »Behüt der Himmel,« sagte gleich der Prinz, »immer nur als Fremder, nie als Herr möchte ich in Rom sein.« Ich bin hier so eng mit Jacobi verbunden, daß ich eigentlich nur mit ihm andere sehe. Beim Minister Mongelas waren wir zu- sammen. Die Frau ist sehr artig, und das ist nicht zu leugnen, daß, wenn einem etwas in Deutschland wirklich neu ist, es deutsche Frauen sind. Schöne sind mir übrigens bis jetzt nicht vorgekommen. ——— *) Der nachmalige König Ludwig I., geb. 1786, hatte seinen ersten Aufenthalt in Rom 1804 und 1805 genommen. 7