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[ Band 2 Brief 112: Caroline an Humboldt [Paris], Sonntag morgen, 21. Oktober 1804 ]
Öffnen des geliebten Körpers zu überwinden, und so habe ich sie denn ohne Widerspruch hier beerdigen lassen. Der Bruder von Mme. de la Tour hat uns erlaubt, sie auf seinem Gute Javelle, nahe bei Meudon, zu begraben. Alexander und Kohlrausch haben sie hinaus- begleitet, und dort liegt sie unter einem hohen Akazienbaum. 113. Caroline an Humboldt [Paris], 30. Oktober 1804 Ich nehme mit Zittern die Feder, mein Wilhelm, und doch kann ich und darf ich nicht länger gegen Dich schweigen. Ach, wie blutet mein Herz über den Kummer, den ich dem Deinen bereite! Wilhelm, mein teures Leben, wir haben aufs neue ein geliebtes Kind verloren, und der tiefste Schmerz des Lebens kann sich erneuern. Louise ist uns entrissen, und schon vorigen Montag, wo ich Dir schrieb, war sie nicht mehr im Licht dieser irdischen Sonne. Ach, ich vermochte nur nicht, es Dir zu schreiben und zu dem Schmerz um den Verlust des schönen Kindes noch die Unruhe für meine Ge- sundheit bei diesem gewaltsamen Aufhören des Stillens hinzuzufügen. Wenigstens kann ich Dich heute über meinen physischen Zustand be- ruhigen und Dir die heilige Versicherung geben, daß alles für mich getan worden ist und daß ich leidlich wohl bin. Louise liegt im Grabe und hat ihren letzten Odemzug in meinen Armen und an meinem Munde verhaucht. Du weißt, wir hatten sie den 9. vacciniert. Sie war munter und wohl und blieb es die nächsten sechs Tage nach der Impfung. Den 15. und 16. war sie ein wenig blaß und unruhig. Den 17. sah sie angegriffener aus und schrie, nicht aus vollem Halse, sondern der Ton kam pfeifend aus der Brust. Kohlrausch ließ mich ins Bett legen und wollte, daß ich das Kind zu mir nehmen sollte, damit es in eine ganz gleiche 271