< zurück Inhalt vor >
[ Band 2 Brief 102: Caroline an Humboldt [Paris], Sonnabend, 8. September 1804 ]
102. Caroline an Humboldt [Paris], Sonnabend, 8. September 1804 Dein Brief vom 22. August ist mir vorgestern abend zu- gekommen, mein geliebter Wilhelm. Recht als wenn ich nie ohne einige Sorge sein sollte, plagt uns nun wieder Theodors Knie. Ich sagte Dir schon letztens, daß er im Garten meines Hotels beim Spielen mit andern Knaben gefallen sei, seit- dem hat sich ein Blutgeschwür formiert, mit dem er nun fünf Tage im Bett liegt. Louise ist wieder wohl, sie ist so vollkommen pro- portioniert wie Caroline es war, und hat unaussprechlich schöne, blaue Augen. Es ist mir immer ein wunderbarer Gedanke, wenn ich sie ansehe, daß Du sie noch nicht kennst. Ach, wenn nicht Wilhelm eine solche schreckliche Lücke in unserm Kreise gemacht hätte, könnte man doch keine schönere Familie sehen. Denkst Du nicht auch, daß wir sie künftigen Winter malen lassen? Wer weiß, was uns noch bevorsteht. An Theodors Leben kann ich noch immer nicht recht glauben — über- haupt sind mir die Kinder alle nicht mehr sicher, seitdem der blühendste so dahingegangen ist, und letztens, wie Louise so krank war, gab ich sie schon auf. Morgen über acht Tage soll sie getauft werden. Ich wollte bloß Alexander und die Gräfin Schlabrendorff *) zu Gevatter nehmen, allein Alexander besteht auf Kohlrausch und behauptet, es ginge gar nicht anders. Er selbst war weit entfernt, diese Prätension zu machen, allein Du weißt ja, wie Alexander ist; wenn er jemand liebt, so engouiert er sich auch dermaßen, daß alles mit und durch ihn ist. Verzeih, daß ich Dir von so manchen Menschen noch nicht schrieb. Eigentlich glaubst Du nicht, wie knapp mir oft die Zeit zugemessen ist; ich habe mir schon oft vorgeworfen, daß ich Dir zu kurze und gar dumme Briefe von hier aus schreibe. Dalberg **) ist nach Mann- ——— *) Vgl. S. 213. — **) Neffe des Kurerzkanzlers, seit 1803 badischer Gesandter in Paris, später in französischem Staatsdienst und von Napoleon zum Herzog gemacht. 243