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[   Band 2 Brief 87:    Humboldt an Caroline    Marino, 24. Julius 1804   ]


der Buchhändler Vaughan hat aber die Gelegenheit, durch die er
mir schreibt, nicht für sicher genug gehalten.
Aber, daß Du ein hübsches kleines Mädchen hast, ist himmlisch.
Die schönsten Grüße an Kohlrausch.


88. Caroline an Humboldt                    Paris, 29. Julius 1804

Der Wille ist gut, mein geliebter Wilhelm, aber die Tat so
schwach. Ich hatte mir vorgenommen, Dir mehr zu schreiben,
und ich bin trotz dem besten Willen nicht dazu gekommen.
Denke auch nicht, daß es mir in etwas abgeht. Nur Deine Liebe
und Deine treue Umgebung geht mir ab, und das fühle ich freilich
schmerzlich. Denke auch nicht, daß ich zu wenig Bedienung hatte
bis jetzt; da ich nicht ausging und nicht ausgehn konnte, hatte ich
davon hinreichend, allein nun will ich mein liebes Paris sehen, und
Du siehst, ich nehme mir noch ein Mädchen. Meine Gesundheit
ist gut. Theodor hat mich die letzte Woche äußerst durch sein
schlimmes Auge inquiétiert. Ich habe zwei Tage gefürchtet, er würde
blind werden, und auch Kohlrausch war es nicht wohl dabei zu Mute.
Die Entzündung hat seitdem abgenommen, allein die Pupille ist
noch stark verdunkelt. Ich kann ihn nicht ohne Tränen ansehen.
Haugwitzens Abgang vom Ministerium wird Dir bekannt sein,
wenn Du diesen Brief bekommst. Was versprichst Du Dir von
seinem Nachfolger? Der Gräfin Schlabrendorff *) ist diese Ver-
änderung sehr unangenehm. Ich möchte, sie ginge, denn sie inkom-
modiert mich fürchterlich. Er geht leider wohl noch diese Woche.
Er ist nie lieber und zutrauungsvoller gegen mich gewesen als
eben jetzt.

———
*) Nichte des Grafen Gustav Schlabrendorff, Caroline geborene Gräfin
Kalckreuth.

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