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[   Band 2 Brief 99:    Humboldt an Caroline    Marino, 29. August 1804   ]


zu bringen. Er wollte mich in tiefe Höhlen führen und brachte
gestern abend alle Waffen zusammen. Die Pistolen wurden geladen,
er nahm ein Stilett, einen großen Knüttel, Gott weiß was mit
und versicherte, es gäbe da Wölfe, Schlangen und Eulen. Ich
sollte mich auch bewaffnen. Ich versicherte ihm aber, daß ich den
Krieg ganz ihm überließe, ehe die Ungeheuer ihn aufgefressen hätten,
würde ich schon über die Seite kommen, und nun haben wir nichts
als unschuldige Eidechsen gesehen, obgleich er immer mit gespanntem
Hahn ging.
So, liebe Li, vertreibe ich mir die Zeit und wiege das sehn-
suchtsvolle Gefühl Deiner Abwesenheit ein. Die Possen dabei
unterhalten mich natürlich nur auf Augenblicke. Die Ruinen be-
weisen auch in der Regel nicht viel mehr, als daß die Campagna
di Roma ehemals, wie jetzt, von Menschen bewohnt war, und
unvergleichbar mehr. Aber das Eigentliche ist das Vertrautwerden
mit dieser einzigen Gegend, immer neue himmlische Standpunkte zu
finden, die Gipfel der geliebten Berge in andern und andern
Richtungen und Beleuchtungen zu sehen, dann die Sonnenauf- und
Untergänge und die heimlichen Gedanken, die das einsame Betreten
dieser Wege weckt und nährt. Immer komme ich dann reiner und
heiterer gestimmt zur süßen Adel zurück, die mir jedesmal mit offenen
Armen entgegenlänft.
Der Prinz *) ist, wie Du weißt, verlobt. Er schreibt mir mit
äußerster Freundschaft und bittet mich um die Besorgung geheimnis-
voller Aufträge, die aber so ungeschickt angelegt sind, daß sie gar
nicht glücken können. Es tut mir leid, denn ihm ist so viel daran
gelegen, daß er sogar, mich mehr zu gewinnen, mir Grüße von
der Königin **) schreibt. Übrigens, schreibt er, sei er nicht verliebt,
werde aber sehr glücklich sein, auch außer Rom, weil er vernunft-

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*) Vgl. S. 223. — **) Königin Luise.

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