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[ Band 2 Brief 85: Humboldt an Caroline Marino, 18. Julius 1804 ]
mancher Erinnerungen teuer. Die Pyramide muß Dich tief ergriffen haben. Ich kann sie mit meinem Dollond aus dem Fenster von Marino sehen und sehe alle Morgen hin. Marino, Du wirst mich wieder auslachen, liebe Li, aber ich kann mir nun einmal nicht helfen, hat für mich sehr gewonnen. Es hat wirklich große Vorzüge, und ich reite immer einen kleinen Esel, bei dem ich jedesmal an den armen Wilhelm denke. Er ist noch kleiner als der in Tegel war, ich steige von gerader Erde auf und ab, und wunderhübsch und sehr stark dabei. Ich habe mir Wilhelms Sattel kommen lassen, und Du kannst denken, wie mir alles, jede Kleinigkeit meiner Spazier- ritte in Tegel mit ihm neu geworden ist. An meinem Geburtstag fand ich den kleinen Wunsch, den er mir geschrieben hatte voriges Jahr. Das Ende war: »Nun mußt Du aber auch recht lustig sein, lieber Vater.« Es hat mir fast weh getan, es war mir, als wäre ich es manchmal nicht gewesen. Mit ihm aber war ich gewiß immer heiter. Die Gegend hier am Albaner See hat etwas ungemein Fesselndes; der ernste Monte Cavo, den man in so wechselnden Gestalten sieht, der schöne See und dann die weite Ebene nach Rom zu. Ich bin jeden Winkel durchkrochen, ich habe in den Wäldern aus den höchsten Ufern des Sees Ruinen gefunden, und welche, die wohl vom alten Albalonga sein können. Ich habe mich ganz mir und meinen Empfindungen überlassen und bin wirklich recht glücklich in dieser Zeit gewesen. Ob wir wohl je noch einmal zusammen in Paris sein werden? Daß ich je im Dienst hinkäme, daran habe ich keinen rechten Glauben, und ich weiß nicht einmal, ob ich es wünschen sollte. Und außer- dem — das ist jetzt weit hin, denn fürs erste bleibe ich doch un- streitig in dieser Lage, die unsern äußeren Umständen konveniert und mir nichts schadet. Ich wäre aber auch recht gern, das kann ich nicht leugnen, in Paris, und sähe vorzüglich gern Schlabrendorff *) ——— *) Vgl. S. 74. 204