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[ Band 2 Brief 77: Caroline an Humboldt Mainz, 7. Junius 1804 ]
wir beizeiten in Weimar, allein Kohlrausch wollte mir nicht ver- statten, mehr wie zweieinhalb Tage dort zu bleiben, und die Ver- nunft lehrte mich freilich nachgeben. Ich habe daher diesmal Goethe nicht gesehen, aber Schiller desto mehr. Goethe war in Jena, wohin auch Kohlrausch einen der drei Tage fuhr, um seinen Freund Thibaut wiederzusehen, und woselbst er von Goethe, an den Schiller ihm ein Billet mitgegeben hatte, sehr freundlich soll aufgenommen worden sein. Schiller fand an Kohlrausch ein außer- ordentliches Gefallen und sprach so recht mit der Lust mit ihm, die Schiller allein so vorzüglich eigen ist. Leider mußten wir den 1. Juni scheiden; wir kamen selbigen Tages bis Gotha, den 2. bis Vacha, den 3. nach Neuhof, den 4. bis Aschaffenburg und blieben daselbst den 5. Die rasende, drückende Hitze hatte mich sehr an- gegriffen. Ich konnte erst nachmittags Fritz Dalberg *), seine Nichte und Schwester bei mir sehen und fuhr dann mit ihnen nach Schön- busch, wo mich der Kurfürst mit unbeschreiblicher Liebe und Zu- traulichkeit empfing. Er ist so ganz der alte, daß ich meinte, ich sei Tages vorher bei ihm gewesen. Aber so verliebt habe ich ihn gegen mich nie gekannt — es war zum Totlachen. Ich berührte Baden **) ganz leise, und er meinte, daß es sehr passend für Dich und Baden sein würde, Dich in Rom zu haben. Den 6. fuhren wir nach Frankfurt und diese Nacht hierher, um der Hitze zu entgehn. Ich habe in Frankfurt gebadet und werde es heut abend wiederholen. Das ist mir das bewährteste Kühlungsmittel. Mit unsern Paßgeschäften sind wir völlig en règle, wir reisen morgen ab, in Metz bleiben wir zwei Tage, mich auszuruhen, und den 14. treffen wir in Paris ein. R. hatte sich Pässe für mich expedieren lassen, allein es ist noch nichts an- ——— *) Bruder des Kurfürsten. — **) Es bestand die Absicht, Humboldt auch die Vertretung Badens zu übertragen, wie es von Hessen-Darmstadt und dem Fürstentum Fulda bereits geschehen war. 184