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[ Band 2 Brief 71: Humboldt an Caroline Rom, 12. Mai 1804 ]
Reisbrei kriegt sie ohne Ausnahme alle Mittag, und den Abend ißt sie mit Gabrielen den Rest. Beide sind sehr gesund und sehen blühend aus. Gleich nach dem Fieber hatte Adel immer Hunger und kam alle Augenblick zu mir: »Ich schon wieder hungrig, hungrig vom Rasen, ich den ganzen Tag hungrig«, und dazu zuckt sie die Achseln. Anastasio mit den Spielsachen ist auch diese Woche ge- kommen, und ich habe ihm einen Zecchin geschenkt. Die Freude kannst Du Dir nicht denken. Sie sprang immer um den Tisch herum und sagte immer: »Eine recht gute Mutter, schickt das, liebe Mutter, wird bald wiederkommen.« Es hat mich zu Tränen ge- rührt. Was sie nun behalten hat, hat sie in das Schubfach ihres kleinen Tisches gelegt und hält es sehr ordentlich. Die Puppen sind- auch gekleidet. Mit den Rechnungen quäle Dich ja nicht, es kann doch zu nichts helfen. Ich bin überzeugt, Du gibst nichts unnütz aus. Bis jetzt finde ich Deine Reise gar nicht teuer. Wenn ich die Francesconi und Dukaten abrechne, die Du noch hast, so macht die ganze Aus- gabe nicht, wie Du meinst, 700 Taler, sondern nur 570 Taler. Du kannst mir nie zur Last fallen. Mit dem Sparen hier geht’s ziemlich. Mir ist eingefallen, daß Du sehr gut tun würdest, beim Zurückkommen von Florenz wieder nach Livorno zu gehn, es fehlt uns viel an Steingut, und auch müssen wir wieder Gläser und ein paar Kronleuchter oder etwas Ähnliches haben. Wenn ich der kleinen Mädchen wegen kann, komme ich Dir entgegen, und dann könnten wir zusammen gehn. Es freut mich, Liebe, daß Dir mein Sonett und die Ode nicht mißfallen haben. Das erste war nur eine Spielerei. Die Ode ist vielleicht die schlimmste im Pindar, voller Unebenheiten und Unter- brechungen des Sinns. Sie ist offenbar mit Leidenschaft gemacht. Ich wählte sie eigentlich der Schwierigkeit wegen. Ist sie gut über- setzt, so kann ich auch alle übersetzen. Denn keine ist mehr so schlimm. 164