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[ Band 2 Brief 58: Humboldt an Caroline Rom, 24. März 1804 ]
den Kleinen entzündest. Darum stellte ich es mir so schrecklich vor, wenn sie Dich je verlieren sollten. Was Du ihnen bist, würde viel- leicht mancher gar nicht in seiner eigentlichen Kraft fassen, Du selbst kannst es nicht oder nur halb fühlen, es ist nicht das, was Du für sie tust, nicht gerade das Gängeln, Bessern, Erziehen, was Dir nicht einmal sehr eigen ist, aber es ist, möchte ich sagen, der Hauch, mit dem Du sie umgibst, und man würde bald ihr verblühen sehen, wenn Du ihnen lang fehltest. Verzeih, meine Liebe, wenn ich das noch stärker fühle wenn Du mir fehlst, aber es ist eben wie ein Element, in dem man lebt, ohne gewahr zu werden, was einem wohl tut. Allein ich fühle tief, daß es so ist, und bitte Dich doppelt, Dich zu schonen. Ich weiß wohl, daß unser Leben von jetzt an nicht mehr so glücklich sein kann. Es ist einmal in seinem Innern gestört. Aber, Liebe, es kommt nicht eigentlich darauf an, glücklich zu leben, sondern sein Schicksal zu vollenden und alles Menschliche auf seine Weise zu erschöpfen. Das isolierte Dasein, das man jetzt allein fühlt, kann nicht alles sein und nicht ewig dauern. Wie unbegreiflich es auch sei, so ist der einzelne immer nur Ausfluß einer Kraft, von der er nur einen Teil empfindet, die er aber ausspinnen muß und rein aus- spinnen, um die Wahrheit, das eigentliche Wesen wiederzugewinnen, in dem dann nicht wieder immer ein Kampf mit einer entgegen- gesetzten, in dem eine volle ungeteilte Empfindung ist, wo das Schick- sal aufhört, sich der Empfindung entgegenarbeitend zu zeigen, und Schmerz, Verlust und Trennung sich nun als Irrtümer auflösen, als schwere Träume zerstreuen. Es kommt nur darauf an, das innere Wesen festzuhalten, mit einer Art schonungsloser Kühnheit ins Leben einzugreifen und es auszuleben. Denn das, was dem nach- strebt in uns, ist Wahrheit und reines Urwesen, und alles andre muß vergehn, weil man ihm gleich anfühlt, daß es vergänglicher Stoff ist. Mehr als je, ich kann es nicht leugnen, habe ich eine Sehnsucht, im Alter nur das hervorzusuchen, was eigentlich zum 134