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[   Band 2 Brief 52:           Rom, 2. September 1803   ]


Zu dieser so seltenen frühen Erfahrung fügte er das emsigste
Studium in Göttingen und in Wien hinzu, und sein persönlich ein-
nehmendes Betragen hat ihn zum Schüler und Freund der größten
Ärzte gemacht, die jetzt existieren. Er ist aus einer angesehenen,
wohlhabenden Familie, und sein ganzes Benehmen trägt die Spur
einer sorgfältigen Erziehung. Er kam als Fremder hierher, wurde
uns empfohlen und ging gern mit uns um und wir mit ihm.
Humboldt brauchte ihn zuerst bei einem sehr schlimmen Halse als
Arzt, und dann führte ich ihn nach L’Ariccia. Ach! obgleich seine
Bemühungen nichts fruchteten, so hat er mir doch durch das, was
er tat, durch seine Besonnenheit, seine Geistesgegenwart, den einzigen
Trost gegeben, den ich bei diesem Verluste empfinden kann, den,
daß keine Kunst ihn mehr retten konnte. Und als Mensch ist er
mir unaussprechlich teuer geworden. Seiner Sorgfalt, seiner Be-
sonnenheit danke ich Theodors Leben, denn in den fürchterlichen
Tagen seiner Krankheit, wo sein Leben nur noch ein schwaches
Ringen mit dem Tode war, kam es aus die unausgesetzte Geistes-
gegenwart an, und die Minuten wurden entscheidend. O Gott!
was haben wir gelitten! Auch Caroline legte sich während Theodors
Krankheit und hat jetzt noch ein Quartanfieber. In den aller-
schlimmsten Tagen brach bei Adelheid ein Fieber aus, ein so heftiges,
daß sie zwei Tage lang den Kopf nicht heben konnte, ohne von
einem ängstlichen Zittern ergriffen zu werden. Wenn Sie zu dieser
Situation meiner Familie nun noch hinzunehmen, daß Emilie und
das italienische Mädchen, die Gabriele wartet, vor 14 Tagen an
einem und demselben Tage krank wurden, daß ich mich ihrer noch
nicht wieder, weder im Hause noch in der Küche, bedienen kann,
daß ich Gabriele entweder selbst tragen oder sie einer fremden Person
überlassen muß, daß auch diese sehr empfindlich ist, daß sie von
Natur so schwach und im stärksten Zahnen begriffen ist, so werden
Sie sich zwar ein Bild meiner Lage machen, aber auch eingestehen

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