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[   Band 2 Brief 51:    Caroline an Humboldt     [L'Ariccia], 14. August 1803   ]


urteilen, ob sein Fieber einen andern Charakter nehmen wird, da er
mehr wie Wilhelm zu schwitzen scheint, so meint es Kohlrausch.
Wilhelm hat ein sehr heftiges Fieber mit einem starken Nasenbluten
begleitet, und er ist nicht vollkommen bei sich. Er trägt ein großes
Verlangen nach Dir und spricht in einem fort mit Dir. Ich glaube,
er würde eine große Freude haben Dich zu sehen, und in einzelnen
Momenten würde er Dich doch kennen.
Adelheid und Caroline, der Himmel stehe ihnen bei! Aber ich kann
jetzt nicht kommen. Laß doch lieber die Wartfrau, die Carolinen in
den Masern gewartet hat, kommen und bei den Mädchen bleiben.
Gabriele ist in ein Zimmer in L’Ariccia gezogen, denn Kohlrausch
meinte, beides sei gefährlich, sie heim zu schicken und im Hause zu
behalten.
Schicke durch einen Expressen morgen früh, falls Du nicht selber
kommst, zwei Dutzend Zitronen, etwas Florentiner Wein, und wenn
Dir selbst etwas zum Lebensunterhalt einfiele.
Schicke mir alle Überzüge, die Du oder Mariuccia im großen
Schrank finden kannst, und auch sechs Hemden von Wilhelm. Du
findest sie in einem der oberen Fächer. 
Adieu. Ich sage Dir weiter nichts, denn daß ich alles tue,
weißt Du.

 ———

Zwei Briefe Frau v. Humboldts an ihren Vater versetzen uns in die
Schmerzenszeit, die für die bisher so glückliche Familie angebrochen ist.


52.                                               Rom, 2. September 1803

Teuerster und innigst geliebtester Vater! Nie ist mir ein Brief
schwerer geworden als dieser. Meine Hand zittert, indem
ich die Feder nehme und den ewigen Schmerz, den ich mit mir
herumtrage, auch in Ihre Seele legen muß. Am 15. August 1 3/4 Uhr
nachts entriß mir der Tod meinen geliebten ältesten Sohn Wilhelm,

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