< zurück Inhalt vor >
[ Band 2 Brief 47: Humboldt an Caroline Bayonne, 24. Mai 1801 ]
Wirt in Guernica war ein Franzose. Aber wie Franzose! Stell Dir nur vor, er hatte meine Überziehhosen gesehen und konnte nicht aus seiner Bewunderung herauskommen. Er drehte sie hin und her und sagte endlich, es sei doch erstaunlich, was seine Landsleute alles seit seinem Aufenthalt in Spanien gemacht hätten, erst die Revolution und dann die Erfindung der Überziehhosen. Er wandte 100 Fr. jährlich dran, die Gazette de France zu halten, und ich sah seit S. Sebastian zum erstenmal eine Zeitung. Lebe innigst wohl! H. 48. Humboldt an Caroline Itzatzu b. Bayonne, 27. Mai 1801 Ich bin bei dem Pfarrer, von dem ich Dir schrieb, liebe Li, und fühle sehr angenehm den Unterschied zwischen Frank- reich und Spanien. Ich brachte in der vorigen Woche eine Nacht in Azpeitia in einer reichen und vornehmen Familie zu und hatte freilich ein großes, seidenes Bett, aber eine dunkle Kammer, keinen Spiegel und keine Art der Bequemlichkeit. Hier habe ich zwei freundliche, kleine Stuben und alles, was man zum bequemen und angenehmen Landleben bedarf. Dort mußte ich Öl essen, ich mochte wollen oder nicht. Hier ißt man mäßig und häuslich, aber sehr gut. Der gute, alte Prediger ist 78 Jahr alt und so liebenswürdig, als man es nur äußerst selten findet. Ein glückliches Gemisch eines Franzosen und eines Basken. Er ist nie weiter als Bayonne und Pau gekommen, hat nie eine andre Welt als die seines Dorfes und jener Städte gesehen, und das Haus des ehemaligen Bischofs von Bayonne, wo er als junger Priester einige Jahre zugebracht hat, ist das non plus ultra seiner großen Welt. Er ist, wie es scheint, sehr religiös, aber ohne alle Affektation und Unduldsamkeit, er läßt oft ein hübsches biskaisches Mädchen zu sich kommen und singt baskische Lieder mit ihm, und gestern abend in seinem Lehnstuhl am Kamin- 108