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[ Band 2 Brief 44: Humboldt an Caroline Durango, zwischen Vitoria und Bilbao, 9. Mai 1801 ]
sie wirklich, obgleich sie eben aus den Wochen kam. Es ist aber auch eins von Bokelmanns Diktums, daß man die Damen hier nicht das zarte, sondern das gewaltige Geschlecht nennen muß. Die schwächsten, meinte er, wären noch immer stark genug, einen Ochsen totzuschlagen. Noch heute haben wir wirklich eine Schmiede gesehen, wo zwei Frauen auf dem Amboß hämmerten und die Männer davor Zigarros rauchten. Die französischen Offiziere aber habe ich bewundert, und das hat mich wieder mit vielem versöhnt. Obgleich der Ball höchst unpariserisch war — das Ameublement, wie Du weißt, lauter Talglichte, die Damen, selbst eine hübsche Marquise, entsetzlich in französischen Kleidern an- gezogen und mit einer Tournure! so haben sich doch die Franzosen nicht nur sehr gut amüsiert, sondern sich auch eben so verständig und höflich betragen als in der ersten Gesellschaft von Paris. Ewig Dein H. 45. Humboldt an Caroline Durango, 13. Mai 1801 Ich habe sehr frohe Tage in Durango verlebt, ach! und wie oft an Dich und die Kleinen auf meinen einsamen Spazier- gängen gedacht. Denn ob ich gleich sehr viel gearbeitet habe, habe ich es mir nicht nehmen lassen, täglich ein paar Stunden allein herumzustreifen. Das Land ist göttlich. Du solltest nur die kleinen Eichenwälder, die von Weinreben umrankten Häuser darin, die reizenden, von Bergen umschlossenen Wiesen sehen. Der Pfarrer, der mein Haupt Mann hier war, ist ein sehr guter, lieber Mensch. Gutmütig, aufgeklärt, lustig, ein Freund der Kinder, und dabei gar nicht ohne viel Kenntnisse. Er hat mich auf Händen getragen. Ich habe den ganzen Tag, die paar Stunden, wo ich spazieren ging, ausgenommen, bei ihm zugebracht, und bei ihm versammelten sich dann seine Freunde, freilich keine vornehmen Leute, ehrliche Bürger, der Schreiber, der Apotheker des Orts usw., aber alle gutmütig und 99