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[ Band 2 Brief 44: Humboldt an Caroline Durango, zwischen Vitoria und Bilbao, 9. Mai 1801 ]
Er wollte anfangs wenigstens noch den Nachmittag und Abend mit mir hier zubringen, allein weil es ihm einfiel, daß die Stube, in der wir schlafen sollten, röche, so hat er innerhalb fünf Minuten ein Pferd genommen und ist davongegangen. Er amüsiert sich gar nicht sonderlich in Spanien, und es tut mir leid, daß er verdammt ist, doch wenigstens einige Zeit darin zuzubringen. Außer der Natur gefällt ihm nichts. Du mußt auch ja nicht denken, meine gute Li, daß ich in einem so abscheulichen Loch säße. Gott! wenn wir oft in Andalusien und Granada solche Stube gehabt hätten, wieviel hätten wir darum gegeben. Ich habe einen großen Tisch, alle meine Bücher und Papiere darauf, eine sehr freundliche Wirtin und ein reines Bett. Was will man mehr mitten in Spanien? Auch mit dem Essen geht es. Es ist Milch da, man spricht auf morgen von Butter, und heut mittag hatten wir sehr gute gebratene Hühner und Eier. Bei dem Essen fällt mir ein, daß, wie Bokelmann in Marquina krank war, ich die große Idee bekam, ihm Hühnerbouillon zu kochen. Ich versammelte also den ganzen Rat im Hause, den alten Administrador, die Haushälterin und die Mädchen, und gab meine Orders göttlich, darauf setzte ich unsern Pferdeknecht neben den Topf, um allem pimiento *) zu wehren. Ich dachte darauf, wie schön die Sache ablaufen würde, und brachte mit großem Triumph Bokelmann einen Teller der Reissuppe. Aber Gott! welch Gericht war das! Ich hatte nämlich vergessen, den Topf zu bestimmen, worin es ge- kocht werden sollte, und nun hatten sie zu einem mageren, elenden Huhn einen ungeheuren Kübel genommen, so daß die Bouillon wahres Spül- wasser war. Glücklicherweise war das Huhn selbst eßbar, und so hatte der arme Bokelmann wenigstens etwas, woran er sich halten konnte. Unser Weg heute von Vitoria her war ein wenig unangenehm wegen des Wetters. Wir ritten früh aus und hatten viel Nebel ——— *) Spanischer Pfeffer. 95