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[ Band 2 Brief 42: Humboldt an Caroline S. Sebastian, 30. April 1801 ]
verschwindenden Ohnmacht des Menschen gegen die Macht der Elemente und der Bewunderung ihrer entsetzlichen Massen, die wild und ungebändigt wie sie sind, doch durch dasselbe Gesetz, durch das sie allem Zerstörung drohen, einem fremden Zuge zu folgen, sich in unaufhaltsamem Umschwunge fortzuwälzen und endlich in Gleich- gewicht zu halten gezwungen werden, liegt, glaube ich, die Macht, mit der Meer und Gebirge immer die Einbildungskraft und das Gefühl an sich reißen. Es ist der Kampf des Leblosen mit dem Lebendigen, durch die inneren Kräfte beider, wie durch ein ewiges Schicksal, zu Harmonien und Eintracht verbunden. Wir schliefen die Nacht in Luz und eilten am Morgen gegen vier Uhr an der Küste weiter fort. Es war ein unbegreiflicher, schöner Anblick, die Gegend, deren Du Dich noch erinnerst, zugleich im zwiefachen Lichte des Mondes und des Morgenrotes zu sehen. Mir ist nie etwas gleich Magisches an Beleuchtung vorgekommen. Die Sonne ging herrlich auf. Sie brach durch eine Menge dunkler Tau- wolken hervor, und weit vor ihr her war der Himmel mit leichtem schimmernden Gewölk bedeckt, das wie goldene Flocken in der reinen Bläue schwebte. Wir blieben fast bis an die Bidassoa in der großen spanischen Straße, und ich erkannte ein paar Stellen wieder, wo wir ausgestiegen waren und ich mit Dir zu Fuß ging. Zuletzt ging der Weg rechts auf die Höhe nach dem Meere zu, und wir näherten uns jetzt der Gegend, wo vorzüglich der Schauplatz des letzten Krieges war. Der Anblick von Andaye *) und Fuenterrabia ist von dieser Höhe sehr schön. Beide Örter scheidet eine längliche Bucht, die durch die Mündung der Bidassoa und die einströmende Flut des Meeres gebildet wird. Andaye ist der letzte französische, Fuenter- rabia der erste spanische Ort. Die Hügel um Andaye sind lachend, grün und üppig bewachsen, die Berge hinter Fuenterrabia, die mit ——— *) Jetzt Hendaye. 87