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[   Band 2 Brief 41:    Humboldt an Caroline    Bordeaux, 24. April 1801   ]


In Barbezieux fanden wir das halbzerstörte Schloß des un-
glücklichen Rochefoucauld, der in den Septembertagen auf einer
Reise im Angesicht seiner Familie, wie uns einmal Dolomien, der
dabei war, erzählte, ermordet ward. Es hat mit seinen runden
Schiefertürmen einige Ähnlichkeit mit dem Temple. Dieser Roche-
foucauld muß große Besitzungen gehabt haben, schon vor Angoulême
haben wir einen weitläuftigen Park gefunden, der ihm gehörte, und
seine eigentliche Herrschaft war in der Normandie, wo er auch
seinen Tod fand.
Auch hier ging noch immer jene fruchtbare, herrlich bebaute
Gegend fort und wurde immer reicher an Bäumen aller Art. Einen
größeren Kontrast mit dem baumleeren Kastilien muß es nirgend
sonst geben. Vorzüglich schön wechselten auch hier Reihen schlanker
Pappeln und Erlen mit breiten Nußbäumen ab. Aber auf einmal
ändert sich die Gegend plötzlich, und man sieht sich in eine öde, un-
fruchtbare und baumleere Heide versetzt. Das Land ist hier überall
durch kleine Hügel durchschnitten, und die Nacht brach ein. Wir
fragten unsern Postillon, ob etwas von Räubern zu befürchten sei.
Er versicherte nein. »Aussi« — setzte er hinzu, »y a-t-il bien des
personnes qui assurent que ces brigands sont de fort honnêtes
gens, qui ne veulent reprendre que le leur.«
Die Heide ist nur durch Eichenwälder, die schönsten, die ich in
Frankreich bisher sah, und fast in deutscher Art, unterbrochen. Aber
im ganzen ist die Gegend bis an die Dordogne nicht mehr angenehm.
Die Wege sind zum Teil entsetzlich, im Winter müssen sie hals-
brechend gewesen sein, und seit Spanien sah ich nichts Ähnliches.
Einmal kamen wir auf ein besseres Stück zwischen entsetzlichen andern.
Wir glaubten, daß da gearbeitet sei. Aber der Postillon verneinte
es. Es ist also nur das gute Wetter und der Himmel, die hier
gebessert haben, sagten wir. »Ah oui,« erwiderte er, »le ciel, c’est
là depuis la revolution notre grand paveur«!« ein Wort, was wohl

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