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[   Band 2 Brief 41:    Humboldt an Caroline    Bordeaux, 24. April 1801   ]


den Abtei nennt. Um diesen Rohrsumpf, denn das ist es mehr
als ein Teich, herum läuft nun mit vielen Unterbrechungen ein
altes Gemäuer, und zu beiden Enden stehen halbverfallene viereckte
Türme. Unser Postillon gab uns dies für die Mauer der ehe-
maligen Stadt, die sich bis dahin erstreckt habe, aus. Allein die
Form des Sumpfes war ovalrund und könnte wohl der Kampf-
platz eines alten Zirkus sein. Wirklich erinnere ich mich, etwas von
einem Amphitheater in der Gegend von Poitiers gelesen zu haben.
Gleichfalls auf einem Hügel und über einem Flußtal liegt
Angoulême, ein hübsches, freundliches Städtchen. Aber der Fluß
ist die schon beträchtlich große Charente, und von dem Spaziergang
der Stadt an der äußersten Spitze des ins Tal verlaufenden Hügels
muß eine schöne Aussicht auf die baumreichen Inseln und Ufer des
Flusses sein. Wir fuhren an der Brücke vorbei, über die der Weg
nach Nantes und La Rochelle führt, und taten also nur einen Blick
in die Gegend, welche der Schauplatz so vieler blutiger Szenen in
der Revolution gewesen ist. Denn die Charente machte auf dieser
Seite die äußerste Grenze des Vendéekrieges.
Eine der schönsten Gegenden fanden wir noch einige Stationen
hinter Angoulême. Wir fuhren über beträchtliche Berge, von denen
man eine ungeheuer weite Aussicht hat. Zu beiden Seiten wechseln
flache Gründe mit gemach ansteigenden Anhöhen ab, die Anhöhen
sind mit Wein besetzt, in den Gründen reihen sich Wiesen und
Ackerstücke an, überall die schönste und sorgfältigste Kultur, und so
abwechselnd verliert sich das Land in die blaue Ferne. Alle Be-
sitzungen sind klein, mit schlanken Ellern oder Pappeln eingefaßt,
und in der Mitte breiten große Nußbäume ihre schattigen Äste
aus. Auf allen Feldern waren Arbeiter, Männer und Weiber,
und kaum erinnere ich mich je eines lebendigen Bildes ländlichen
Fleißes, von einem so schönen Himmel begünstigt und mit so sicht-
baren Spuren des Gelingens.

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