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[ Band 2 Brief 41: Humboldt an Caroline Bordeaux, 24. April 1801 ]
man vorzüglich an der großen Menge von Schlössern, deren jedes von seinem Park umgeben ist. Sie sind ein lachendes Bild des Wohlstandes und städtischer Pracht, lassen aber die Einbildungs- kraft meist leer, die durch die Trümmer einer alten Ritterburg auf den Felsenufern der Saale und Elbe ganz anders ergriffen wird. Mit dem Wege zwischen Meißen und Dresden, welcher diesem noch am ähnlichsten kommt, hält der zwischen Blois und Tours gar keine Vergleichung aus, und ein großer Teil seines Ruhms ist offenbar übertrieben. Vorzüglich ist der Strom, auf dem wir auch keine Spur von Gewerbefleiß, kein Schiff und kein Floß erblickten, zu öde und tot. Dennoch sahen wir diesen Weg unter den günstigsten Umständen. Die Sonne neigte sich dem Untergang und strahlte ein magisches Licht auf das jenseitige Ufer. Einige Schlösser schienen unter dem Grün ihrer Gärten in lichten Flammen zu stehen. Dann folgte ein heller und prächtiger Mondschein. Als wir uns Tours näherten, war es schon tief in der Nacht. Zwischen Tours und Poitiers befanden wir uns am Morgen, als es wieder Tag geworden war, an der Bienne, die reizende und malerische Ufer hat. Für den Reisenden macht auf diesem Wege Châtellerault mit feinen Messerfabriken Epoche. Um Poitiers fuhren wir bloß herum. Die Lage der Stadt aber ist ungemein reizend und hübsch. Zwischen zwei tiefen, von Hügeln und Bergen umschlossenen Gründen erhebt sich ein steiler, ziemlich hoher, aber breiter Bergrücken, auf diesem liegt die Stadt, die wenigstens von einer Seite mit festen Mauern umgeben ist. Beide Täler sind lachende Wiesengründe, reich mit Baumgruppen besetzt, das eine vom kleinen Fluß Clain, das andere von einem namenlosen Bach durchschlängelt, den das Auge bis in die Hügel hinein verfolgt, aus denen er entspringt. In diesen letzten ist dicht unter der höher auf dem Bergrücken hinlaufenden Chaussee ein Teich, den man l'étang de St. Hilaire nach einer ehemals da stehen- 79