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[   Band 2 Brief 32:    Caroline an Humboldt     Jena, 12. Mai 1797   ]


den Geist, der sie zu machen imstande ist, kann Dir doch kein Buch-
händler bezahlen. Leugnen kann ich’s nicht, daß der Agamemnon
mein Schoßkind ist. Das Honorar für den Hermann ist ungeheuer,
und doch gibt es keinen Preis für solch eine Arbeit. Schiller meinte
auch, es sei enorm bezahlt, aber Vieweg werde es herausbringen,
noch einen ansehnlichen Gewinnst davon zu machen, und sei unklug,
wenn er nicht eine Auflage von 4000 Exemplaren veranstalte. Er
erzählte mir, daß er Goethe gefragt, ob er zufrieden mit dem Honorar
sei, und dieser habe ihm geantwortet: »O ja, recht gut, ich kann leid-
lich zufrieden sein.« Etwas Außerordentliches habe Goethe also gar
nicht darin gefunden. Schiller hatte sich eingebildet, Vieweg gäbe ihm
etwa 150 Louisdor. Es war ihm recht lieb, die eigentliche Summe
zu erfahren, und übrigens bleibt es ein strenges Geheimnis. Für
den Wallenstein ist Schiller ganz decidiert, ihn Cotta zu lassen, aber
er denkt auf andern Verdienst, wo er »die Kerls«, wie er sich aus-
drückt, sich will überbieten lassen und aufs äußerste treiben. Schiller
grüßt Dich herzlich. Goethe kommt den 15. und bleibt so lange wie
wir hier. Wir denken etwa den 31. abzureisen.


33. Humboldt an Caroline                    Berlin, 16. Mai 1797

Dein letzter Brief hat mich innig gerührt, liebe Li. Wie un-
endlich wahr ist es, daß es keinen qualvolleren Zustand
gibt als den, in sich selbst eine Heimat zu vermissen, in
die man ruhig zurückkehren kann, wenn man durch das Schicksal
von außen in sich zurückgedrängt wird, Zerstörung in dem zu fühlen,
woraus eigentlich allein Ruhe und Festigkeit auf alles andere über-
gehen kann; wie so wahr ist es auch, daß Umstände und Zufall uns
langsam, schrittweise und unvermerkt in Verwirrungen führen, so

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