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[ Band 2 Brief 30: Humboldt an Caroline Berlin, 9. Mai 1797 ]
Karlsbad und meint, die Reise würde bei weitem wohltätiger auf Dich wirken. Auf die Reise freue ich mich jetzt unendlich, und der Gedanke, daß je besser ich hier unsre Angelegenheiten einrichte, desto sorgloser wir auf der Reise sein können, erleichtert mir manche Mühseligkeit hier. — Diese Mühseligkeiten sind zwar eigentlich ge- wissermaßen nicht groß. Es ist nichts eben schwierig; auch nichts geradezu weitläuftig. Aber welche Zeit diese Dinge kosten und für nichts kosten, davon hast Du keinen Begriff. Kunth hat wohl alles ordentlich, aber auch mit einer großen Trägheit eingerichtet. —— — —— Außer diesen Angelegenheiten lebe ich nach meiner hier einmal so gewöhnlichen Art. Ich habe meist schon alle meine Be- kannten besucht, doch die wenigsten gefunden. Es ist das hier eine schreckliche Sache, das ewige vergebliche Laufen. Zum eignen Arbeiten habe ich große Lust, und etwas ist es mir auch wieder geglückt, nur leider bei dieser Zeitzersplitterung nicht sehr. Zu Levis bin ich ferner alle Tage beinahe gegangen, aber meist nur auf kurze Zeit. Die Freude, die man sonst an diesen Besuchen haben konnte, scheint mir dahin. Ich habe noch nicht ein einziges Mal, auch vormittags nicht, die Kleine allein gefunden, und in Gesellschaft sind die Seiten, die wir nie an ihr liebten, das laute und weniger feine Wesen bei weitem ärger geworden. Dich liebt sie gewiß außerordentlich und ebenso auch Burgsdorff, aber auch über Euch beide bin ich schlechterdings noch zu keinem irgend ordentlichen Gespräch gekommen. Der kleine David Veit, *) der mich heute früh besuchte, legt sich jetzt mitunter darauf, Xenien zu machen, folgende ist auf die Kleine: Hat ein gewaltiger Geist nicht auch erhabenen Willen, Wird ihm die Kraft nur zum Spiel, wird ihm die Laune Gesetz. ——— *) David Veit, Arzt und Literat, bekannt durch seinen Briefwechsel mit Rahel. 55