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[ Band 2 Brief 30: Humboldt an Caroline Berlin, 9. Mai 1797 ]
Weit besser aber ist der Anfang einer andern auf Dohna *) und die Herzen: Vornehm, höflich und kalt, so liebt er schon Jahre die Kalte usw. Die Herz habe ich zweimal gesehen, sie ist wie immer. Er aß heut mittag bei uns. Kunth ist lustiger und weniger launisch als je, immer mehr Bonvivant. Täglich geht er zu Levis, spaßt in einem fort, und seit dem dritten Tag meiner Ankunft leben wir in der herrlichsten Eintracht miteinander. Ich bin ganz in Pension bei ihm und zahle dafür täglich einen Reichstaler. Dafür aber besorgt er mich sehr ordentlich, und man ißt bei ihm sehr gesund und gut. Das einzige Schlimme, was dieses Wohnen mit ihm hervor- bringt, ist der Zeitverlust. Denn was soll ich machen, wenn er stunden- lang bei mir sitzt und von nichts schwatzt? Von Mama spricht er gar nicht mehr. Alles ist begraben und vergessen, so daß es mich selbst oft dauert. Gestern habe ich meine Visiten gemacht. Hardenberg **) habe ich nicht gefunden, aber Haugwitz ***) hat mich angenommen und wie? — Von einer solchen Höflichkeit und Freundlichkeit habe ich ihn nie gesehen, er hat uns Empfehlungen durch ganz Italien angeboten, namentlich an den Grafen Catanio in Venedig, hat sich nach dem Detail unsrer Pläne erkundigt, und wenn er, wie gesagt, in diesen guten Dispositionen bleibt, so haben wir gewiß der Reise wegen von hier aus nichts zu fürchten. Er hat noch Lust, Tegel zu mieten, und will mit mir in diesen Tagen hinausfahren. Könnte ich mit ihm eine vorteilhafte Miete auf einige Jahre (drei bis vier) schließen, so kaufte ich vielleicht gleich jetzt Tegel allein an mich. Ich hätte so lange leidliche Prozente, wäre doch mein eigner Herr, und kämen ——— *) Graf Alexander Dohna-Schlobitten, der Henriette Herz jahrelang verehrte und ihr nach dem Tode ihres Gatten 1803 seine Hand anbot. — **) Der nachmalige Staatskanzler und Fürst. — ***) Graf Haugwitz, preußischer Minister. 56