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[   Band 2 Brief 22:    Humboldt an Caroline    [Zeitz], 26. April 1797   ]


22. Humboldt an Caroline        [Zeitz], 26. April 1797

Da die Post eben fortgeht, so wollte ich Dir doch noch einige
Zeilen von hier aus schreiben. Viel wird es freilich nicht
werden, da das Bild gern schwatzt, aber es ist Dir doch
vielleicht lieb, wieder Nachricht von mir zu haben. Es geht mir
bis jetzt ganz gut, ich nehme mich mit der Diät in acht, und wenn
nicht das Wetter — wie es aber heute fast scheint — umschlägt,
so hoffe ich gewiß von allem Fieberanstoß frei zu bleiben. Das
Bild ist sehr freundschaftlich und wie es scheint sehr erfreut, mich
hier zu sehen. Er ist naiv und komisch wie immer. Gestern nach-
mittag sind wir zusammen spazieren gegangen, und den Abend haben
wir allein mit Bielefeld zugebracht. Des Bildes Einrichtung hier ist in
der Tat merkwürdig; es ist ein Gemisch seiner eigenen Sonderbarkeit
und bei Papan angenommener Moden. Sein Haus ist eigentlich
ziemlich groß; aber nur drei Stuben sind in wohnbarem Stande und
das Ameublement in diesen so, als hätte er sie seit fünfzig Jahren
bewohnt. Die neuen Meubles, die bloß in einigen ausgelegten Tischen
bestehen, sind künstlich, überladen und geschmacklos. Gegessen haben
wir recht gut, und heute mittag ist Diner, doch nur von acht Personen.
Bielefeld nimmt sich ganz vernünftig, nur freilich kann er bisweilen
das Lügen, das einmal zu sehr seine Natur geworden ist, nicht lassen.
Stell Dir nur vor, daß er gestern dem Bilde erzählt hat, der Graf
Gray habe auf einer Reise von Kassel nach Karlsbad sein Kind,
das damals noch ganz klein gewesen sei, mit Ziegenmilch aufziehen
wollen. Deshalb hätte er einen eignen Wagen machen und darin
nicht bloß die Ziege, so wie man es mit den Pferden in Schiffen
tut, sondern auch daneben den Säugling in eine Windel aufhängen
lassen, damit dieser so an der Ziege gesogen hätte. Wie gefällt Dir
die Zumutung, das zu glauben? — Heute nachmittag will das Bild
große Visiten mit mir machen.

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