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[   Band 2 Brief 20:    Humboldt an Caroline    Weimar, 7. April 1797   ]


fast immer mit dem Hermann beschäftigt, und Goethe ist erstaunlich
emsig, noch Kleinigkeiten an ihm zu verbessern. — Ich habe Dir in
meinem letzten Briefe wenig von meiner Art zu leben geschrieben,
aber es ist auch wenig davon zu sagen. Ich habe außer Goethen
und Wolzogens fast niemand gesehen. Zwar habe ich Besuche ge-
macht, aber gerade niemand zu Hause gefunden.
Donnerstag mittag aß Knebel *) allein mit uns; er ist ganz
entzückt über die Pindarische Ode in den Horen, und es ist nicht
möglich, einen dankbareren Leser zu haben. Er hat doch so vielerlei
von hiesigen Dingen erzählt und sein Wesen so possierlich entfaltet, daß
er mich sehr amüsiert hat. Gestern nachmittag war ich mit Goethe zu
einem großen Tee bei Gores. Die Stein, die ich auch schon den
Tag vorher bei sich besucht hatte, war auch da, sie grüßt Dich sehr.
Bei der Imhoff bin ich auch gewesen, habe sie aber nicht gefunden.
Heute mittag hat Goethe wieder vor, allerlei Leute zu bitten,
ich lasse ihn gewähren, da er Gefallen daran hat, und die Abende
sind wir doch immer allein. Gestern abend hat er viel von Dir
gesprochen. Er ist Dir sehr gut. Besonders ist ihm auch die Sicherheit
und Feinheit Deines Takts und der reine und echte Sinn fürs Alter-
tum aufgefallen. Vorzüglich hat er sich über diesen letzteren verbreitet
und viel darüber gesprochen, wie er Dir angeboren sein müsse, da
Deine erste Bildung doch gewiß modern gewesen wäre. Er wünscht
sehr, einmal etwas von Dir zu sehen. Ich habe ihn auf den Prome-
theus vertröstet.
Caroline hat er als ein Gegenstück zum Sinn fürs Antike, als
durchaus modern aufgestellt. Auch sei alles, was in der Agnes **)
gut sei, nicht anders als völlig modern. Sie gehe immer vom
Romantischen aus.

———
*) Karl Ludwig v. Knebel, den literarischen Kreisen Jenas und Weimars
zugehörig, hatte Goethes erste Bekanntschaft mit dem Erbprinzen Karl
August vermittelt. — **) Agnes v. Lilien, Roman von Caroline v. Wolzogen.

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