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[ Band 2 Brief 12: Caroline an Humboldt [Jena 1795], Freitag nachmittag ]
nimmer nichts mehr haben, was in diesem Sinne mir mehr so ge- hören wird wie dieser Junge. Es ist mein bestes Kind, ich bin dessen so sicher, und ich vermag nicht, so kindisch ich auch fühle, daß es ist, vermag nicht, mich ohne tausend Tränen von ihm zu trennen. Ach, denn Trennung ist’s doch, man mag auch sagen, was man will, Trennung von etwas mehr, als es beim ersten Blick aussieht. — Vergib mir, daß ich weine. Ich sehe Dich Sonntag und habe eine innige, herzliche Freude im voraus, Dich, Herzlichlieber, zu sehen. Die Kinder umarmen Dich und die Mutter mit ihnen. Grüße Goethe und den alten Meyer. Ich bin ihnen beiden sehr gut. Es ist weiter nichts vorgefallen, auch keine Briefe gekommen. ——— Anfang Juli 1795 gingen Humboldts nach Tegel, wo die alte Frau v. Humboldt schwer erkrankt war. Sie hatten die Absicht, drei Monate dort zu bleiben, der Aufenthalt dehnte sich aber auf fünf viertel Jahre aus. Gegen das Ende dieser Zeit — August 1796 — machte das junge Paar mit der kleinen Li eine Reise nach Stralsund, der Insel Rügen, Rostock, Lübeck und Hamburg und kehrte im September nach Berlin und Tegel zurück. Der Zustand der alten Frau v. Humboldt hatte sich unterdessen so weit gebessert, daß man keine Besorgnis mehr hegte. Nicht ahnend, daß die Mutter nur noch wenig Wochen zu leben habe — sie starb am 14. November 1796 ——, trat das junge Paar im Oktober die Heimreise nach Jena an. Auf diesem Rückwege ging Humboldt über Halle, um Wolf zu besuchen, und schrieb von dort: 13. Humboldt an Caroline Freitag morgen [Halle, Oktober 1796, ohne Datum] Ich bin recht glücklich gestern abend hier angekommen und denke Dich mir, liebe Li, nun auch nach Jena unterwegs. Wie unendlich lebendig hast Du mit den lieben Kleinen meinen Augen gestern vorgeschwebt. Wenn Du nur recht gut und heiter in Naumburg angekommen bist. Auch die kurze Trennung hat mich sehr schmerzlich bewegt, und gestern abend im schönen Abendrot 24