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[   Band 2 Brief 12:    Caroline an Humboldt     [Jena 1795], Freitag nachmittag   ]


12. Caroline an Humboldt         [Jena 1795], Freitag nachmittag

Herzlichen Dank, mein lieber Bill, für die erwünschten Zeilen
und Dein süßes Angedenken. Li ist auch immer in Ge-
danken um Dich und spricht von Dir mit Kinderchen.
Beide sind wohl und Li freut sich sehr Deines Zurückkommens.
Ich werde Sonntag mit den Kindern kommen und Dich ab-
holen. Es war erst meine Meinung, Dir nur die Li mit Emilien
und Günthern zu schicken, aber da Du mir versicherst, daß es Goethen
gar keine Unbequemlichkeiten macht, mich einige Stunden im Hause
zu haben, so will ich kommen. Vielleicht — ich kann es nicht ändern,
fährt Lolo mit nach Weimar. Es ist nur für die paar Stunden fahren,
denn sie will bei der Stein essen und die Baggesen und Kalb besuchen.
Also wird sie uns bei Goethe nicht genieren. Noch eine andere Möglich-
keit aber ist, daß gar Schiller und Lolo nach Weimar fahren. Schiller
ist nämlich gestern den ganzen Nachmittag mit Lolo und dem Carl *)
ausgefahren und hat sich so im Freien gefallen, daß er es nun ins
große treiben will. Doch etwas Sicheres weiß ich nicht hierüber.
Sicher ist nur, daß ich zwischen 10 und 11 Uhr mit den Kindern
komme, diese im Erbprinzen mit den Leuten essen lasse, und übrigens
mögen sie ihr Wesen im Garten treiben. Mache nur, daß Goethe
niemand anders bittet. Wir sind hübscher allein. Sehr freue ich
mich, daß Du wohl bist bis aufs Kopfweh. Dem Carl sind auch
alle Anzeichen zu Masern wieder vergangen, und Schiller hat sein
Fieber verlassen. Ich bin leidlich wohl, aber traurig, da mir die
schöne Zeit so mächtig zu Ende geht und Brüderchen so ganz der
Mutterbrust entwächst. Ach, so tief hat mich kaum je etwas ge-
schmerzt, wenn er schon nun für einen großen Jungen und für keinen
Säugling mehr gelten wird. Der große Junge wird nicht mehr
so mein sein, wie es der kleine war. Ich werde nichts, nimmer,

———
*) Schillers ältester, 1793 geborener Sohn.

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