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[ Band 2 Brief 13: Humboldt an Caroline Freitag morgen [Halle, Oktober 1796, ohne Datum] ]
sehnte ich mich unaussprechlich nach Dir und den Kindern. Es ist fatal, daß ich vor Sonntag früh keine Nachricht von Dir erhalten kann. Wolf habe ich ziemlich heiter und sehr freundschaftlich gefunden. Er grüßt Dich herzlich, und ich habe die Sache so vorgestellt, daß er ganz beruhigt ist. Daß Du nicht mit hier bist, ist mir sehr lieb, so herzlich ungern ich Dich auch vermisse. Die Unordnung im Hause ist schrecklich und würde Dir mit den Kindern tödlich sein. Wolf hat mich so lange aufgehalten, daß ich schließen muß, um den Brief zur Post zu bringen. Er quält mich so sehr, noch Montag zu bleiben, daß ich fürchte, ich werde nachgeben müssen und erst Mittwoch an- kommen können. Küsse die gute Li und den göttlichen Bruder und denke recht oft Deines Bills. Ich liebe Dich so unendlich und sehne mich recht herzlich nach Euch allen. Mein bestes und einziges Leben ist doch allein mit Dir und den lieben Kindern. Lebe innigst wohl! ——— Als Humboldt am 1. November 1796 nach Jena zurückkehrte, fand er Schiller in der engsten Freundschaft mit Goethe. Sie hatten gemeinsam die Xenien verfaßt und fühlten sich beide zu neuem Schaffen angeregt. Humboldt vermittelte die Annäherung Wolfs an Goethe, und dieser wandte sein ein- gehendstes Interesse den bedeutenden chemischen und physikalischen Kenntnissen Alexander v. Humboldts zu, der sich ebenfalls längere Zeit in Jena aufhielt. Eine Fülle geistigen Lebens entfaltete sich in der kleinen Stadt. Schiller arbeitete am Wallenstein, Goethe an Hermann und Dorothea, Schlegel über- setzte am Shakespeare, Hnmboldt am Agamemnon des Aeschylus. Es war in dieser Hinsicht ein unvergleichlich schöner Winter für Humboldt, nur der leidende Zustand seiner Frau warf öfter Schatten in diese Zeit und ließ für den künftigen Winter einen Aufenthalt im Süden planen. Am 19. Januar war Humboldts ein Sohn — Theodor — geboren. Caroline schrieb ihrem Gatten unmittelbar vorher: 25