< zurück Inhalt vor >
[ Band 2 Brief 5: Caroline an Humboldt [Rudolstadt], Dienstag, 24. Julius ]
gefahren, es wehte eine so köstliche Luft — wie schweifte mein Blick umher in der lieblichen Gegend, auf dem reinen Spiegel des Wassers, dem frischen Grün der Wiesen, und welch ein Zauber- licht umglühte die fernen Berge — die Sonne war untergegangen, und es flammte noch gleich einem Feuermeer der Himmel, — ich konnte still sitzen, indes die andern sprachen, die Seele entfloh mir in unaussprechlicher Sehnsucht, mein Herz bebte verloren im süßesten Schmerz und unendlicher Freude, denn hatte ich nicht Liebchen, hielt ich das süße Geschöpf nicht in meinen Armen, drückt es sprachlos an meinen Busen? Ach, wie versteht es mein Herz, Dich wiederzufinden in ihm, und doch — wie vermisse ich Dich mehr wie jemals. Ach, komm wieder zurück, Bill, Deine Kinder können nicht leben ohne Dich. Donnerstag abend [26. Juli 1792] Wieder ein Tag vorüber — wie freue ich mich, daß es so ist, daß nun nur noch acht so hingehen; am neunten seh ich Dich wieder, drücke Dich wieder ans Herz —— ach, wie bebt mir das Herz! Was mich schmerzt ist, daß Du so wenig von mir bekommst, aber Du weißt, wie es ist mit dem süßen Liebchen, wie es einen beschäftigen kann den ganzen Tag. Lili ist zwar so gut mit ihm, so lieb, aber es ist, als wäre es lieber bei mir. Guter Bill, Du zürnst süß Liebchen nicht, daß Mutter wenig schreiben kann und abends müde ist — so war es gestern, das Herz war mir so voll, ach, so voll Freude und Dank über Deinen Brief, konnte aber nichts sagen, nur küssen die Züge der lieben wohltätigen Hand konnt ich und weinen — da wurde mir so wohl. Teurer, geliebter Mann, wenn in begeisterten, in den schönsten Momenten meines Daseins ich Dich ganz empfinde, all- belebend das Gefühl Deiner Schönheit sich über mich ergießt, neigt sich meine Seele vor Dir in heiliger Anbetung — so empfange ich Dich in meine Arme, aber Du ziehst mich hinüber zu Dir mit der 11