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[ Band 2 Brief 4: Humboldt an Caroline Falkenberg, Montag, 23. Julius ]
4. Humboldt an Caroline Falkenberg, Montag, 23. Julius abends [1792] So innig sehnt ich mich alle diese Tage, Dir zu schreiben, meine Li, und immer wurd ich auf so lästige Weise daran gestört. Heute stieg die Sehnsucht aufs höchste, dir ein Wort der Liebe zu sagen, und heute spart ich es nun auf bis zu den stillen Stunden, wo ich allein mit Dir sein könnte und mir. Dein Bild liegt neben mir, ach, so viele herzliche Küsse bedecken es täglich. Es ist mir so trüb und düster in der Seele, Du bist nicht bei mir, und mit jeder langsam hinschleichenden Stunde ist mir’s, als vermißt ich Dich schmerzlicher. Du bist’s doch allein, die mir Leben gibt! O! Du gutes Liebes! Schon so oft hat mich die Reise gereut, so oft — ach! — verzeih Deinem armen Bill — hab ich mir Vorwürfe gemacht, daß ich Dir, mir, diesen Kummer verursacht. Dann sag ich mir wohl, daß es notwendig war, daß es schön ist, alles Gute zu erhalten, daß es nicht zu unserem einzigen Dasein passen würde, wenn wir auch nur Ein Wesen minder froh sein ließen, als wir es zu machen vermöchten. Dann ruf ich mir Dich zurück, und wie Du selbst, wieviel Du auch littest, die Reise wolltest, wie Du mir sagtest, daß [wir] uns wiedersehn, wieder umarmen würden. Aber das arme entbehrende Herz hört nicht auf zu murren, und nur des Wiedersehens süße Gewißheit vermag es ein wenig zur Ruhe zu wiegen. Acht Tage sind nun vorbei, daß ich Dich verließ, Gott, wie lange acht Tage! Wenn ich bei Dir bin, wie schnell eilen die Stunden! O! Li, Li, ich beschwöre Dich, empfinde es ganz, wie Du mich be- glückst, fühle ganz, was Du bist. Wenn ich es nur zu sagen ver- möchte, was es ist, was ich so allbeseligend empfinde, was in jedem Moment mein Dasein so bereichert und erhöht. Wie ich Dich liebte und fern von Dir war, da war ich glücklich, weil Du mir angehörtest, wie ich in Deiner Nähe lebte, da war ich trunken von Seligkeit, aber jetzt, jetzt, wie find ich ein Wort, wie mir jetzt ist, da Du mein 7