< zurück Inhalt vor >
[ Band 2 Brief 4: Humboldt an Caroline Falkenberg, Montag, 23. Julius ]
Weib, die Mutter meines Kindes bist. So unendlich lange ring ich schon, das Gefühl in Worte zu kleiden, aber ewig mißlingt der Ver- such. Daß Du mein Weib bist, darin, darin weiß ich, liegt es allein, aber wie wag ich’s, das zu entwickeln, mir selbst zu enthüllen? Aber wie bist Du auch so wunderbar einzig, Du Große, Hehre. Wie hast Du unser Leben so ewig mit neuen Freuden umkränzt. Nichts habe ich verloren, nichts vermisse ich von allem, was ich jemals in Dir besaß, aber mit jedem Tage entdeckt meine trunkene Seele, was mir vorher noch verborgen war. Was miteinander zu streiten, sich wechselweis auszuschließen scheint, das knüpfst Du freundlich in Eins, und so gattet sich wundervoll in Dir die kühnste erhabenste Größe mit jeder schlichten einfachen Tugend, so bist Du ewig mein süßes liebendes Mädchen und mein Weib, der Kleinen holde sorg- same Mutter. Wenn ich die Seligkeit denke, die Du mir schenkst, dann weiß ich nicht, woran meine trunkene Phantasie sich halten soll, ob an der Erinnerung der Vergangenheit, oder den Szenen der Gegenwart und den Aussichten in die nahe und fernere Zukunft. Alles drängt sich in Eine Empfindung zusammen, Tränen der Wonne und Rührung quillen zu Deinem Dank hervor, und meine Lippen drücken sich fest an Dein Bild. Auch Du bist glücklich gewesen, meine Li, auch Du bist es jetzt und wirst es immer sein, so oft Bill bei Dir ist, und Bill will ja ewig, ewig bleiben. Wahrlich, ich könnte ja nicht glücklich sein, wenn ich das nicht zuerst, das am heiligsten empfände, aber ich vermag auch nicht mein Glück und das Deine als zwiefach zu denken. Wenn ich sage, daß mein Dasein die Fülle jedes Genusses schmeckt, dann fühl ich es auch in gleicher Lebhaftig- keit, daß auch Du nichts, nichts vermissest. Aber, wie glücklich Du auch bist, wie ich es sehe, und wie mich so ununterbrochen dieser Anblick beseligt, so fühle ich es doch, so ist es mir doch immer, als schwänge sich mein Glück höher empor, als vermöchte ich nicht zu geben, was ich in diesem Maße empfange. Weine mir nicht- 8