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[   Band 1 Brief 158:    Humboldt an Caroline    [Berlin], Montag, 30. Mai 1791   ]


gekauft. Carln hab ich aufgetragen, in Leipzig eine Wedgewood-
Teekanne und Milchtopf und Spülnapf und einen Kessel mit einem
Dreifuß zu einer Spirituslampe, wie man sie jetzt hat, zu kaufen.
Meine Bücher nehme ich meist alle mit. Hier komm ich doch ge-
wiß nie her zum Bleiben. Ist aber nicht viel Hübsches darunter,
so viel es auch sind.


159. Caroline an Humboldt    [Erfurt], Mittwoch nacht, 1. Juni 1791

Ach, was ist das eine Nacht, mein Wilhelm! Mit Zauber-
phantasien füllte sie meine Seele und löste den Geist mir
aus irdischen Banden. Hinüber strebt mein Wesen — es
ging mir auf ein andres Dasein, ein reineres Licht, eine glühendere
Liebe! — Gestalten unaussprechlicher Schönheit umwallten meinen
helleren Blick, und ich versank in der Fülle der Harmonien, die um
mich tönten. Nur Du, einzig nur Du, nicht mehr Deine äußere
holde Gestalt, Dein inneres, heiliges Wesen umgab mich allein,
und ich floß in Dich über mit höheren Kräften, mit jedem Gefühl,
das ich je ewig und unzerstörbar in mir ahndete — ich empfing
Dich anbetend von der ganzen Natur. — O, mein Wilhelm, die
Weihe der heiligsten Liebe goß diese Stunden über mich aus —
laß Deine Gegenwart bald sie vollenden — laß mich dann Dich
umarmen in der Feier einer solchen Nacht, laß mich vor Dir hin-
knien unter solch einem sternenvollen Himmel und es ganz in Deine
Seele übertragen, das Gefühl des Daseins, das Du mir geschaffen,
des neuen Lebens, das Du über mich ausgegossen hast. O, Du
Einziger — nun erst, zum ersten Male werd ich Dir danken können,
wie Du es verdienst, denn zum ersten Male wird ja meine Seele,
frei von jedem trüben Gedanken, frei von jeder wehen Ahndung

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