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[ Band 1 Brief 157: Humboldt an Caroline [Tegel], Dienstag abend, 24. Mai 1791 ]
küssen, und weinen. Müssen ja weinen, Deine blauen Augen, bis Du sie wieder küssest. Donnerstag abend Lang lag ich noch gestern am Fenster, sehnend hing mein Blick an dem Perseus und Algol. Wohl ahndest Du recht, wenn Du meine Blicke an den Gestirnen suchst. Keine sternenhelle Nacht laß ich vorübergehn, wandle noch so lange herum, bis ich denke, daß Li etwa noch auf ist. Mach nur, daß Papa nicht wegreist. Wir bekommen ihn sonst wahrlich nicht wieder, ach! und könnte Dich um solche Ur- sach nicht entbehren. Ist mir schon jetzt so unendlich weh, und jetzt würde doch Mama leiden, wenn es nicht wäre, aber dann ist die Ursach so eine bloße Einbildung. Was Du irgend von Papa über die Zeit unsrer Hochzeit hörst, das schreib mir ja gleich. Mein Bruder will von Freiberg hinkommen, und da er nicht lang, höchstens zwei Tage bleiben kann, so möcht ich gern genau den Tag wissen. Frage aber Papa nicht geradezu. Das gibt ihm Ge- legenheit, um etwas Gewisses zu sagen, die Hochzeit aufzuschieben, und den Kleinen können wir doch noch immer benachrichtigen. Er grüßt Dich herzlich, der Kies, er ist ein guter Junge, auch nicht so eitel, als ich mir dachte, oft und meist recht anspruchlos. Ich sehe es ungern, daß er schon in einigen Tagen fortreist, obgleich ich nicht sagen kann, daß seine Gegenwart mich an ihn fesselt. Diese Wirkung wird er auch, glaub ich, nie auf einen Menschen machen. Aber er ist gut, warm, offen und besitzt in der Tat eine unendliche Menge von Kenntnissen. Ich wollte, er könnte hie und da einige Wochen bei uns sein, und ich hoffe es, er würde auch Dir viel Freude machen. Schlaf nun wohl. Freitag abend, 27. Mai Es ist schon spät, meine Liebe, und ich muß morgen früh auf- stehn. Ich gehe morgen früh wieder nach Berlin und möchte gern 471