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[   Band 1 Brief 153:    Caroline an Humboldt     [Erfurt], Sonntag abend, 15. Mai 1791   ]


hat, Dich um die Verzögerung Deiner Reise wegen seiner Rück-
kehr zu bitten.
Nein, mein Bill, keinen Tag länger könnt ich Dich entbehren,
als es Dir notwendig ist. Papa hat keine Vorstellung von so
etwas, aber doch fiel es mir hart auf, wie er heut sagte: »Nun,
acht Tage sind ja noch nicht alle Welt, und Ihr werdet Euch ja
nun genug haben.« —
Es ist eine wunderschöne Nacht — der Himmel so rein und
unbewölkt, das milde Mondenlicht und die sanft flimmernden
Sterne, wo magst Du sein, vielleicht in Deiner Stube und schreibst
an mich. . . . O, ruhe sanft, mein Trauter, Li’s Gedanken werden
nicht von Dir scheiden — o, könnten sie Dir einen süßen Traum
weben!

                                                   Montag morgen
. . . Mein Herz erliegt zu oft dem unendlichen Weh, und es
ist so wahr, daß jede Kraft meines Wesens wie jede Freude,
jeder Genuß, dessen ich empfänglich bin, mir einzig von Dir kommt.
Voll blühenden Lebens und voll der göttlichsten Fülle strömt es
aus dem Wonnegefühl Deines vollendeten Glücks — ach, und kann
ich dies Glück ahnden, wenn Du fern von mir lebst? — Haben
sich nicht unsre Wesen so ineinander verwebt, daß sie ewig kein
Dasein mehr haben, als im Anschauen ihres innersten Lebens? O,
durch den Wandel aller Zeiten wird nichts mehr trennen, was die
Natur mit unzerreißbaren Banden aneinander band — in allen
Gestalten werden wir uns wiederfinden, wiedererkennen und höher
aufsteigen, je mehr unsre Seelen eins werden, wie höher zwei
Flammen auflodern, getragen eine von der andern. —
Nun lebe wohl, mein süßer Geliebter, lebe still und glücklich,
bis ich wieder an den sehnenden Busen Dich schließe. Ach, in
keinem, keinem Moment scheiden meine Gedanken von Dir.

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