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[ Band 1 Brief 152: Caroline an Humboldt [Erfurt], Freitag morgen, 13. Mai 1791 ]
heit scheinen mir immer äußerst bedenklich und zumal da alle Ärzte darin übereinkommen, daß seine Brust sehr schwach, vielleicht gar angegangen sei. Caroline schreibt mir, der Wunsch, Schillern in seinen letzten Stunden etwas zu sein, schiene ihre Natur besiegt zu haben —— doch ich will Dir lieber ihren Brief beilegen. — Ach, möge das teure Wesen sich erhalten. Ich habe um Nachricht durch einen Boten gebeten; denn sollte es um Schillern zweifelhaft bleiben, so werde ich alles versuchen, um von Papa die Erlaubnis zu be- kommen, nach Rudolstadt zu gehn. Ich weiß nicht, was ich in dieser Ungewißheit hier anfinge, und ich denke auch, Papa wird gestern selbst gesehen haben, daß sie meine Gesundheit ganz zer- stören würde. Sonnabend abend Ich komme erst heute wieder zu Dir, geliebtestes Wesen. Gestern hatte Papa so viel häusliche Arrangements mit mir vor, und des Abends spät kam Ernst von Naumburg zurück, dem ich meine Ohren leihen mußte. Heut ist nun alles sehr mißmutig und im Trubel gewesen, denn Madame ist die Nachricht wegen des Aus- ziehens angekündigt worden, et cela a fait du mauvais sang. Alles rennt widereinander, und jeder macht sich die Sache schwerer als sie ist. Denke Dir Deine Li mitten darunter und auch wieder nicht darunter, denn die äußern Dinge gehn ziemlich vor mir vor- über wie ein Schattenspiel, und mein Herz ist Dir ewig zugekehrt und schöpft einzig aus Dir alle Wahrheit seines Daseins . . . Sonntag morgen Mein erster Gedanke Du, wie Du gestern mein letzter warst. O, ich habe keine Andacht, als meine Liebe, aber sie macht mich so fromm, so im eigentlichsten Sinne kindlich glaubend und heftet meinen Blick an eine dämmernde Zukunft. Der Sonntag bleibt mir immer ein merkwürdiger Tag, da kamst Du, da gingst Du, und vielleicht vereinigt er uns wieder. Du willst den 16. abreisen 455