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[ Band 1 Brief 146: Caroline an Humboldt [Erfurt], gegen 8 Uhr, Sonntag, 1. Mai 1791 ]
Dritter Abschnitt Von Humboldts Abreise nach Berlin bis zu seiner Rückkehr nach Erfurt 1. Mai bis 21. Juni 1791 146. Caroline an Humboldt [Erfurt], gegen 8 Uhr, Sonntag morgen, 1. Mai 1791 Vor Dir stand eine lichthelle, gelbe Wolke. Ich habe sie lang angesehen, wie ich Deinen Wagen aus dem Gesicht verloren hatte, und ahndete, da Deinem nassen Blick zu begegnen. Ich habe noch niemand gesehen als Madame und die beiden Schmidts, die weinten. Aber ich kann nicht weinen, meine Augen brennen, und mein Gesicht glüht von der Flamme, die in mir lodert. Ich kann auch noch nichts ansehen von allem, was ich von Dir habe, nicht einmal Dein Bild, aber meine Lippen heften sich an alles, was Dich berührt hat. Ich werde Dich wiedersehen! — Es dringt diese Gewißheit durch den Schmerz, der meine Seele zerreißt, und erfüllt sie mit wohltätiger Kraft. In diesen ersten, bangen Momenten liegt es nicht klar vor mir, wie ich Dich wieder- sehen werde und wo, aber die Liebe wird uns den Ort finden lassen 441