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[   Band 1 Brief 145:    Caroline an Humboldt     [Erfurt], Sonnabend abend, 2. April 1791     ]


meine Adern. Ach, jeder Moment vergrößert die unsägliche Wonne
und Qual dieses Erwartens — Wilhelm, Wilhelm, und wo bist
Du! — Ach, vielleicht unterwegens, und mit jedem Moment schlägt
ungestümer Dein Herz. Fühl ich’s doch an dem meinen, wie dies
ist. — Ach, möge die Dämmerung, die den Tag zu verdrängen
beginnt, Deine Seele einwiegen zu Stille und Frieden — möge sie
doppelt allen Zauber der Erinnerung über Dich ausgießen und mit
freundlicher Täuschung die Last der gegenwärtigen Stunde er-
leichtern. —

               [Auf demselben Blatte, vermutlich vom 3. April.]
Ach, Bill, indessen Du mit meinem Bruder aus bist, weiß
ich nichts anzufangen — es sind nur Momente, und doch, doch
lasten sie mir. Bill, ewig möcht ich vor Dir liegen, auf Deinem
Schoße sitzen, an Deiner Seite, und Dich ansehen — es liegt mir
etwas Unbeschreibliches in dem Ansehen, ach, es ist mir, als über-
trüge ich da meine Seele am wahrsten und glühendsten in Dich
über. Süßes, geliebtes, einziges Wesen, so hab ich Dich wieder-
gesehn — Dich —— ach, wie hat dieser Moment meine Seele er-
hellt — wie hat er die Erinnerung all der bangen Wochen aus
ihr verwischt. —
Ich war in Deiner Stube und habe da gesessen auf dem Stuhl
vor Deinem Bett und das Kopfküssen so oft geküßt. Ach, Bill,
mein Bill, dürftest Du in meinen Armen ruhen, an dem Busen,
den oft Todesangst füllte und der nun Dir so glücklich entgegen-
wallt — ach, der Schlaf wäre dann meinem Bill noch wohltätiger,
Augen würden schneller gut werden, arme Li; warum darf ich das
nicht, warum nicht mich über Dich neigen mit all den Gefühlen
der sorgsamen Liebe! —— O, wenn ich erst bei Dir bin, mußt Du
mich nicht von Dir trennen. Volle Ruhe —— ach, ist nur da, wo
Du bist.

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