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[ Band 1 Brief 137: Caroline an Humboldt [Erfurt], Freitag abend, 4. März 1791 ]
könnte, so ein aufkeimend Leben, und dann doch noch so viel Totes, Erstarrtes, des Winters traurige Überreste. Ich fand diese Blumen, es sind die ersten des Jahres; wenn schönere blühen, bist Du bei mir. Auf Deinen nächsten Brief bin ich so begierig. Wie Du Papa seinen wirst empfunden haben. Papa hat immer meine Er- wartungen in dieser Sache übertroffen. Was er sagt von dem Nutzen eigner, selbstgewählter Tätigkeit, und dem, den man im Dienste stiften könne, muß man ihm schon verzeihen. Papa mag nicht fassen, daß das Schönste auch das Wohltätigste ist, und daß die herrlichsten Blüten des Geistes sich nur in dem Odem der höchsten Freiheit entfalten. Ihm das begreiflich zu machen, hab ich nie versucht, denn wie gut und weich Papa auch ist, so wenig beweglich ist sein Kopf, und ich verzweifle an irgend einer neuen Vorstellung in ihm. Am Ende können wir uns auch trösten, wenn er es nie so ansieht. Es soll ihm doch manche angenehme Stunde geben, uns um sich zu haben. Papa wünscht jetzt sehr, das Bild möchte heiraten. Aber es scheint keinen Beruf dazu zu haben, oder seine Liebschaften sind so, daß sie Papa nicht gern sieht. Ich bin ganz einverstanden mit Dir über das Quartier. Jetzt, denk ich, nehmen wir gar keine Arrangements, sondern kommen nach unsrer Heirat gegen den Herbst einmal von Burgörner herein. Ein Quartier von vier bis fünf Zimmern, wie wir’s brauchen, ist nicht schwer zu finden, und sollten wir auch einige kleine Bequemlich- keiten vermissen. Du und ich hängen ja nicht so sehr daran. Ach, was vermißten wir nebeneinander! Ein Zimmer mehr, als wir für uns brauchen, müssen wir immer haben, damit Lili oder Schillers bei uns wohnen können. Ich hasse es wie den Tod, wenn Freunde im Gasthof logieren müssen. Ach, Bill, es ist so süß, von allen diesen Dingen zu reden. Die Phantasie zaubert einen in die glück- liche Zeit. 424