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[ Band 1 Brief 138: Caroline an Humboldt [Erfurt], Freitag abend, 11. März 1791 ]
138. Caroline an Humboldt [Erfurt], Freitag abend, 11. März 1791 Ein Funke des Lebens glimmt wieder auf in meiner Seele. O, Du, der Du ihn in mir weckst, mich mir selbst wieder- gibst und Dir, sei gesegnet mit ewigem Frieden, teures, heilig wohltuendes Wesen. Anbetend, voll glühenden Dankes neigt sich vor Dir mein Herz, o, läg ich hingegossen so zu Deinen Füßen und weinte vor Dir diese unaussprechlichen Tränen. Wilhelm, Wilhelm, was bist Du für ein Wesen? — Mit mehr als mensch- lichen Kräften umfaßtest Du mein Herz und hobst es aus dem Abgrunde des Jammers wieder empor zu der Zukunft lichten Ahn- dung! Ich vernehme das Walten Deiner Liebe um mich, wie ich sonst eines höheren Wesens Allgegenwart um mich zu vernehmen glaubte. So heiß mich sehnend nach etwas Unaussprechlichem kniet ich dann wohl nieder und ergoß meine Seele im Gebet, ach, oft endete es mit Tränen, ich verstand mich selbst nicht und ver- wies mein Herz und seine unendlichen Wünsche auf ein andres Sein. Nun ist das alles nicht mehr. Aus Dir, Du Einziger, tönt mir das Leben in voller Harmonie, in Dir findet meine Seele des leisesten Wunsches Befriedigung, an Deines Herzens heiliger Flamme erwärmt das meine, im Anschauen Deiner Schönheit, Deiner Größe versinkt mein Geist in stiller Anbetung und ringt mit liebendem, einzig hingegebenem Sinn, Dir zu folgen. O Wilhelm, mein Wilhelm, wenn die Bitten meiner Liebe etwas über Dich vermögen, so erhebe mich nicht so über Dich. Ich verdiene es nicht. Laß, o laß mich vor Dir leben, wie es meines Herzens tief empfundenes Gefühl, meine Bestimmung zu leben ist, ganz Dein, jeden und jeden Moment meines Daseins Dir weihend. Empfange jeden mit liebender Seele, und Du wirst sehen, zu welchem Glück Dein Weib an Deinem Busen aufblühen wird. Jeden Tag wirst Du segnen, an jedem wirst Du Dir sagen dürfen, daß es Dein 425