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[   Band 1 Brief 135:    Humboldt an Caroline    [Berlin], Sonntag abend, 27. Februar 1791   ]


lieben. Denn nicht leicht fand ich in einem Mann eine solche
Wärme des Charakters, eine solche Aufopferung für das, was ihn
einmal anzieht, eine so große Anspruchlosigkeit bei oft anscheinend
entschiedenem Tone, und dann so einen großen Gehalt intellektueller
Kraft. Von sehr vielen Seiten ist er mir sehr viel, ob ich gleich
fühle, daß er mir nicht sein kann, was ich ihm bin, und mich das
manchmal schmerzlich bewegt. — Li, wenn ich Dich erst besitze,
dann bleibt auch keines Wunsches leiseste Ahndung für mich in
meinem Herzen zurück!
 
                                                       Dienstag
Ich bekam heute Papas Brief. Was Du mir gestern davon
geschrieben, leitete mich beim Anfang. Das Ende, die ganze Dar-
stellung hat mich überrascht. Sie ist wirklich in vieler Hinsicht
merkwürdig. Kaum hätte ich ihm diese Toleranz geglaubt. In dem
Ganzen ist Konsequenz, in dieser Konsequenz sehr viel Edelmut
und eine in der Tat sehr große Billigkeit und Schonung gegen die
Meinung des andern. Auch wenn der Brief mir nicht diese einzig
glückliche Aussicht gewährt hätte, hätt ich ihn mit Interesse und
Vergnügen gelesen. Papa ist immer sehr gut, und das Kind hat
ihn meisterhaft geleitet. Nach allem, was Du mir schreibst, er-
wartet er meinen Brief nicht anders, als gerade so, wie er sein wird.
Vielleicht kannst Du ihn auch noch mehr dazu vorbereiten. Ich
kann ihm ja auch wohl entfernte Winke darin geben, daß, wenn
einmal Dalberg in eine andre Lage käme, die unsrige auch ver-
ändert werden könnte. . . .
Nun lebe wohl, holdes Kind, grüß Papa und danke für den
Brief recht freundlich! Lebe wohl, mein süßes Leben.

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